Textbeispiel

 

Leichte Reisen vom einem Ende der Erde
Textbeispiel

Sendung 26.11. ´00
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Der Text LEICHTE REISEN VON EINEM ENDE DER ERDE basiert auf der Annahme, daß wir generell nur ausschnittweise erfassen, immer aber agieren müssen, als stünden uns alle nötigen Entscheidungkriterien zur Verfügung, die prinzipiell ja das Wissen um alle Zusammenhänge der Welt umfassen müßten.
Gesprochene Sprache aus Jerry Cotton-Heftchen, Interviews, Gesprächen, aber auch Satzteile aus Reisebroschüren und sogenannter hoher Literatur liegen dem Text zugrunde, der als eine Art Verarbeitungsmaschine Verbindungen zwischen den heterogenen Teilen aufbaut, wie wir das ununterbrochen auch mit unseren Wahrnehmungen zu tun gewohnt sind.Natürlich wären unendlich viele solcher Verbindungen möglich, auch mit dem hier angewandten Grundsatz, gewohnte Verläufe von Stories, gewohnte Modi der Erstellung von Ganzheiten zu stören bzw. bewußt den Vervollständigungsmechanismus der Lesenden anzustacheln und ins Absurde zu treiben.Immer geht es um die Nichtbewältigbarkeit simultan bestehender Ordnungen.

Das Problem der Simultaneität veschiedener Verknüpfungsmöglichkeiten bestimmt den Text insofern, als durch Sätze, die beispielsweise am Knotenpunkt der Verschränkungen von Wortfeldern bzw. einer doppeldeutigen Fortführung durch die Kappung gewohnter Sprachfloskeln in der Vorstellung "kippen", möglichst immer mindestens zwei Stories präsent gehalten werden sollen, welche Satz für Satz interferieren und im besten Fall Tragik und Komik zu erzeugen imstande sein sollen.

Literatur im Kunstradio ist daher für mich auch die Möglichkeit, den Text in seiner Tendenz zur Simultaneität zu verdoppeln: Die Ursprungstexte, die im Buch in Langversionen verarbeitet worden sind, sodaß aus einer Wissen um Regeln suggerierenden Sprache Erzähltes geworden ist - können hier in ihrer extremen Zerdehnung simultan zu diesen hörbar gemacht werden. Während diese Zerdehnung (bzw. aus der anderen Warte: Stauchung) im Text jedoch eine räumliche ist, wird sie hier akustische Konsequenzen zeitigen. Hintergrund (Ursprungstext) und Vordergrund (Langtext) können als solche hörbar gemacht und verräumlicht werden (durch verschieden Hallgebungen beispielsweise). Eine extreme Dehnung kann durch Wiederholung einzelner Wörter und Ausdruckssilben (Ei, EiS Z-Z-Z) oder aber durch Verlangsamung und Absinken der Stimme (wenn möglich natürlich auch transponierend) bis zur absoluten Unverständlichkeit und/oder Rhythmisierung führen. Umgekehrt kann der engmaschigere Text gestaucht werden.

Da der Text aufgrund des verwendeten Fremdmaterials grundsätzlich verschiedenste Redeweisen beinhaltet, hoffe ich auch, hier eine Leseversion realisieren zu können, die ohne Bearbeitung im Studio für mich nicht zu bewerkstelligen ist: Mithilfe von verschiedenen Hallgebungen sollten verschiedene Räume (aus denen die Sprachteile ja stammen), ansonsten aber wenn möglich auch extreme Übersteigerungen vor allem die Geschwindigkeit betreffend erzeugt werden. Wenn möglich würde ich gerne einzelne Stimmen entweder durch Filter oder aber durch andere Verfremdungen als solche herausheben. Dafür werden natürlich schon in der Aufnahme Satzmelodie und Sprechgeschwindigkeit mitzudenken sein.


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