Am 17. Jänner hat das Kunstradio – im Netzwerk mit anderen Radiokunst-Plattformen, mit Künstlerinnen, Museen, Kulturorganisationen und Radiostationen weltweit – den Art’s Birthday gefeiert. Das ist ein Fest für die Kunst, das der französische Fluxus-Künstler Robert Filliou ins Leben gerufen hat. Er hat 1963 festgestellt, dass am 17. Jänner dieses Jahres die Kunst eine Million Jahre alt war.

Am Geburtstag der Kunst wird weltweit Kunst produziert, dargeboten und in einem internationalen Netzwerk ausgetauscht. Ein Künstler, der seit Jahren beständig mitmacht, ist Ward Weis alias Planktone in Antwerpen. In Bezug auf ein Porträt Robert Fillious mit aus Zeitungspapier gefaltetem Party-Hut, liefert Ward Weis eine Tschako-Bastelanleitung. Und heuer fütterte er das Netzwerk mit gleich zwei Stücken. Das eine war eine Klaviervertonung von Robert Fillious „Whispered Art History“, das andere eine online aus Sternenbildern generierte Komposition als Hommage an John Cage, der gleich am Anfang zu hören ist. Mit einem Ausschnitt aus einem Interview mit der Frage, ob er glaube, dass unsere Erde einzigartig sei. „I would be amazed“, sagte der Cage, er wäre überrascht. Eine von Ward Weis programmierte Software analysiert, was am Himmel zu sehen ist, und wandelt das in Musik um – am 17. Jänner war. Gesendet wurde dieses Stück live auf den Kanälen der Europäischen Rundfunkvereinigung EBU, im Rahmen des mehrstündigen Art’s Birthday Austausches der Radiokunstgruppe Ars Acustica.

Eine weitere Plattform des Netzwerks ist die Seite artsbirthday.net. Hier konnte man rund um den 17. Jänner verfolgen, was sich wo tut, Streams anhören und über die Mesh-Funktion selbst mixen. Ein über Stunden gehender Stream kam von der Regensburger Medienkunstgruppe Pomodoro Bolzano aus dem TokyoLab Studio: „The broadcast is the message“, in Abwandlung von Marshall McLuhans „The medium is the message“.

Mitgemacht hat heuer auch wieder das Berner Kulturradio RaBe, das die Phrase „Art is what makes life more interesting than art“ aufgegriffen hat. Das ist ein Zitat von Robert Filliou, dem Erfinder des Art’s Birthday, der damit in den 60er und 70er Jahren einen Leitsatz der Dada-Bewegung abgewandelt hat: Art is more interesting than life, Kunst ist interessanter als das Leben. Die Kunst wird hier einem Fitness-Check unterzogen, während in Graz im ESC mediekunstlabor mit „Resonating Sculptures“ von Reni Hofmüller gefeiert wurde.

In Wien wird gerade das Palais Rössl gegründet und aufgebaut – laut Eigendefinition eine generationenübergreifende und polydisziplinäre Liaison von Künstlerinnen, Designern und Kulturarbeiterinnen, die in der Rienößlgasse in Wien-Wieden ihr Hauptquartier einrichten. Als Geburtstagsgeschenk an die Kunst hat das Palais Rössl ein Soundscape über die Notwendigkeit von unabhängigen Orten des Schaffens in einer weitgehend durchprivatisierten Stadt beigetragen: „The Mycorrhiza Mix“ von Maria Herold, Maria Hruschka, Anto Manhartsberger, Lale Rodgarkia-Dara, Nicole Sabella, Karl Schönswetter, Daniel Sea und Georgios Tsampounaris.

Ein paar U4-Stationen weiter, nämlich im Echoraum in Rudolfsheim-Fünfhaus, hat zeitgleich das Ö1 Kunstradio gemeinsam mit dem Blöden Dritten Mittwoch gefeiert. Betrieben von den Künstlerinnen Anat Stainberg und Noid, lädt der Blöde Dritte Mittwoch am dritten Mittwoch im Monat – der heuer zufällig mit dem Art’s Birthday zusammenfiel – zu Konzerten, Performances, Medienkunstdarbietungen und anderen experimentellen Kunst-Ereignissen. Am 17. Jänner gab es Performances von Elisabeth Flunger & Inge Kaindlstorfer, Frans Poelstra (für Jennifer Walshe’s kollektives Netzwerkprojekt „Text Score Database“), Golden Diskó Ship, sowie Martin Siewert & Reinhold Friedel. „Lichtung“ heißt die neue CD von Martin Siewert (E-Gitarre, Electronics) und Reinhold Friedel (Klavier), die gerade bei Karlrecords erschienen ist und als Improvisationskonzert präsentiert wurde.

Das Kunstradio ist seit langem ein Motor, der das Art’s Birthday Netzwerk am Laufen und Feiern hält. Im Zuge der Ö1 Programmreform, die mit Februar 2024 in Kraft tritt, wird das Kunstradio transformiert. Es wird nicht mehr Kunstradio heißen, und es wird einen anderen Sendeplatz haben. Um Robert Filliou’s Satz „He’s dead, but art is alive“ aus seiner Whispered Art History zu paraphrasieren: Das Kunstradio gibt es bald nicht mehr, aber die Kunst lebt.

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