In einem fast surrealen Klangraum bewegt sich eine weibliche Stimme voller Hingabe auf ein Du hin. Kraft ihrer Imagination wird ein (männliches) Du erschaffen, das vom (weiblichen) Ich durch Bewunderung und Anbetung als alles überragend und übermächtig erlebt wird.
In der Konfrontation mit diesem (männlichen) Gegenüber spaltet sich das (weibliche) Ich in zwei Stimmen: die erste Stimme zelebriert mit ihrem hymnisch anmutenden Gesang die Erhebung dieses Bildes vom Du. Die zweite Stimme, ebenfalls weiblich, deutet auf eine andere Wirklichkeit hin. Sie kündet das drohende Unheil an, artikuliert kollektive Erinnerung an erlebte Gewalt und Zerstörung. Sie löst sich von der Euphorie, die von der ersten Stimme ausgeht.
Die Autorin Karin Spielhofer und die Komponistin Iris ter Schiphorst über die Gestaltung des akustischen Raumes, in dem der Prozess einer Begegnung des gespaltenen Ich, dargestellt durch die erste, euphorische und die zweite, Unheil verkündende Stimme, mit dem unhörbaren, idealisierten männlichen Du entwickelt wird:
Schöne, fast kitschig anmutende Klänge schaffen ein immer weiter werdendes nebulöses Feld. Nach dieser ausufernden, nahezu ekstatischen Bewegung hält das Ich jäh an. In einem Zeitsprung, wie im Rückblick, erzählt es die Geschichte seiner Verzückung. Durch sparsame, z.T. verfremdete Wassergeräusche entsteht ein fast intimer Raum. Das Du erscheint einverleibt, sich quasi im Bauch der Erzählstimme zu befinden. Selten erinnert von Ferne die zweite Frauenstimme an vorauszuahnendes Unglück, an Vernichtung. Doch unvermittelt werden diese bösen Vorahnungen real. In einer vollkommen veränderten Stimmung springt uns das "Ende der Geschichte" ins Ohr: als Wahnsinn, als Zerstörung, doch profanisiert als Spektakel."
Der Text für das "Ende der Geschichte", die als Apokalypse von der zweiten Stimme emotionslos und mechanisch vorgetragen wird, basiert auf einem Bericht des Obersten für Brandbekämpfung im 2.Weltkrieg, der darin u.a. mit zynischer Genugtuung auch die Wirkungsweise von Brandbomben beschreibt.
Für das Hörbild der Zerstörung und Verwüstung verwendet die Autorin Passagen aus dieser destruktionsfreudigen "Expertise" und montiert sie nahtlos in die Radioarbeit ein. Mit bürokratischem Sprachgestus werden dem Hörer die schaurigen Szenen von orkanartigen Großbränden vermittelt, die gegenüber jeglichen Löschversuchen resistent sind. Die Elemente Wasser und Feuer, auf die z.T. in Form von Bibelzitaten verwiesen wird, erscheinen in den im Stück vorgetragenen Katastrohenberichten aus dem 2. Weltkrieg als "Naturgewalten": damit -so die Autorin - wird die Schuldfrage verschleiert. Die Frage nach der Schuld am Untergang, an der Zerstörung einer (weiblichen) Identität mit Doppelcharakter wird aber auch im StÜck nicht klar beantwortet. Selbstzerstörung durch Selbstaufgabe kann vermutet werden. Ein (weibliches) Ich stirbt in den Flammen grenzenloser Hingabe an ein Fantasiebild des (männlichen) Du, dem tragischerweise die Rolle des übermenschlichen Retters zugeschrieben wird.
"Eine weibliche Stimme bewegt sich auf ein Du hin. In der Konfrontation mit seinem Gegenüber spaltet sich dieses Ich in zwei Stimmen, von denen die eine in hymnisch anmutendem Ansingen die Erhebung zu diesem Du zelebriert. Die zweite Stimme, ebenfalls weiblich, transportiert repetitiv angeordnetes Wortmaterial und setzt Bezüge zu einer anderen Wirklichkeit: dem realitätsenthobenen Sprachgestus mischt sich Dokumentarisches unter, als setze die Flucht in die Projektion gleichzeitig eine kollektive Erinnerung an erlebte Gewalt und Zerstörung frei." (die beiden Autorinnen über ihr Stück).