1) “Zwischenlaute: Duell” (2014)
Dauer: 13'49" (5.1 Surround sound)

Menschliches Sprechen und vor allem jene Bereiche des Sprechens, die
nicht zur verbalen Kommunikation gehören, sind ein
künstlerisches Forschungsgebiet des Kanadiers Emmanuel Madan. Wenn
wir frei sprechen, egal wer oder in welcher Sprache, verwenden wir
machen wir zahlreiche Geräusche und Laute, die keine semiotische
Bedeutung haben, die also nicht auf eine gemeinsame Begrifflichkeit
verweisen. Es sind dies sinnlose Füllwörter, aber auch
stotternde Laute, Ähs und Ähms, die uns Zeit verschaffen, uns
auf die folgenden Worte und Sätze vorzubereiten. Diese
bedeutungslosen Laute werden in der Tonaufzeichnung, und so auch im
Radio, meistens eliminiert und aus der Originalaufnahme
rausgeschnitten. „Zwischenlaute“, wie der Künstler
Emmanuel Madan sie nennt, sind Gegenstand eines umfassenden
Kunstprojekts, zum dem er nun auch noch ein Hörstück für
das Ö1 Kunstradio zugefügt hat.
Emmanuel Madan ist Komponist und Soundkünstler, er hat eine Reihe
von elektroakustischen Audiokassetten geschaffen, und er hat
Radioprojekte und Ausstellungen umgesetzt und kuratiert. Auch als
Tonmeister, Producer und Journalist bei einem freien Radio in Montreal
hat Madan gearbeitet, und in dieser Zeit begann er über die
sogenannten Zwischenlaute nachzudenken – als Tontechniker war
seine Aufgabe allerdings, diese aus den Aufnahmen zu entfernen.
Fokussiert man auf die Zwischenlaute, die im Radio rausgeschnitten und
in der gesprochenen Alltagssprache überhört werden, so
entwickelt man eine Parallel-Sprache und lernt diese zu verstehen,
meint Emmanuel Madan. Denn er ist überzeugt, dass Laute wie
Ähm, Äh oder ah nicht unnötig sind, keine Parasiten im
Wortfluss, sondern dass sie zum Prozess der menschlichen Kommunikation
dazu gehören und beitragen. Dass diese Laute als störend
empfunden werden, hat mit der technischen Neuerung der Tonaufzeichnung
zu tun und insbesondere mit der Verbreitung von Radio, wie Emmanuel
Madan bei seiner Recherche über Rhetorik und die Geschichte der
Ansprache herausgefunden hat.
Für sein mehrteiliges Projekt Zwischenlaute isoliert er diese
Laute, die keine Bedeutung tragen und als undefinierte Geräusche
wahrgenommen werden. Wenn diese Laute nicht mehr ignoriert, sondern zum
Inhalt des Gehörten gemacht werden, gilt es, eine neue Sprache zu
lernen, meint der kanadische Künstler – auf einmal bekommen
sie eine Bedeutung zugeschrieben.
Konkret hat Madan sich mit verschiedenen Formen des politischen
Theaters beschäftigt, also etwa mit Ansprachen, mit
Pressekonferenzen oder mit Wahlkampf-TV-Duellen. Ein solches,
nämlich die Konfrontation zwischen Angela Merkel und Peer
Steinbrück zur deutschen Bundestagswahl 2013, hat Madan für
sein Kunstradio-Stück zerpflückt und zu einer neuen
Komposition arrangiert. Am 1. September 2013 haben über 17
Millionen Menschen das Duell auf fünf Fernsehsendern live verfolgt.
2) „Freedom Highway” (2001-2004, stereo)
Dauer: 24'36"
Link: http://www.freedomhighway.org

Freedom Highway hat Emmanuel Madan seit 2004 als Performance, als
Galerieinstallation und als Radiostück in den USA, in Kanada und
in Europa präsentiert. Das Projekt handelt von Massenmedien und
dem öffentlichen Diskurs in Amerika im weiteren Sinn –
entstanden sind die Aufnahmen dazu in der Zeit nach 9/11 und vor dem
Beginn des Irak-Kriegs. Emmanuel Madan hat in dieser Zeit zahlreiche
Roadtrips durch die USA gemacht, und dabei im Autoradio Sendungen des
Formats Talk Radio angehört und aufgenommen.
Diese Radiosendungen werden dominiert von den nationalistischen und
religiösen Meinungen der Ultrakonservativen und Rechten –
unter George W. Bush wurden damit ideologische Standpunkte
gerechtfertigt und mehrheitsfähig gemacht.
Das Stück “FREEDOM HIGHWAY” hat Emmanuel Madan als
inneren Monolg gestaltet: was Amerika zu sich selbst sagt, wenn
vermeintlich niemand zuhört – ein Audioselbstportraits eines
Landes im Ausnahmezustand.
3) “27’27’’” (2007)
Duration: 27’27” (5.1 Surround sound)

„27‘27‘‘“ von 2007 ist die erste Arbeit
eines langfristigen Projekts mit dem Titel H, also H. Dieses Projekt
befasst sich mit dem Zusammenspiel von elektromagnetischen Felder,
Sound, Raum und Körpern in Bewegung. Dabei geht es nicht um die
physikalische Darstellung der naturwissenschaftlichen Eigenschaften von
Elektromagnetismus, sondern um die Erkenntnis, das unsere Handlungen
immer Konsequenzen nach sich ziehen. Jede Geste und auch allein unsere
Anwesenheit beeinflusst die elektromagnetischen Felder.
Das Stück “27'27''” besteht aus Sounds, die entstehen
wenn ein Mensch ein Audiokabel anfasst, das an einen Verstärker
angesteckt ist, während das andere Ende lose ist. Der Körper
wird dabei zu einer Antenne, die elektromagnetische Energie aufnimmt
und in Geräusche übersetzt – ein ebenso faszinierendes
wie alltägliches Phänomen. Eine Bandbreite an Sounds
können durch verschiedene Bewegungen und Druckstärken erzeugt
werden, und sie verändern sich wenn etwa die
Berührungsfläche mit dem Boden verändert wird und
Körperkontakt mit einem weiteren Menschen eingeführt wird.
Eine weitere Arbeit ist derzeit als Installation und Komposition in der
Ausstellung Connecting Sound Etc. Cable Works, Cable Sounds, Cables
Everywhere enthalten. Kuratiert von Georg Weckwerth ist diese
Ausstellung noch bis 24. August 2014 im Freiraum des MuseumsQuartiers
in Wien zu sehen.
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