ANDRES BOSSHARD
KLANGRAUMARCHITEKTUR


Zeitgleich installation: IM GRUNDE LÄCHELT DER HIMMEL


Zwischen der tiefen Stille des Raumes und dem tosenden Lärm des Alltags liegt eine Zone des Unerhörten. Unser Gehörsinn verbindet uns ständig mit diesen sich öffnenden, von Leben erfüllten, mal engen, mal bodenlosen Sphären "unserer" Zeit.

Als Klangkünstler beginne ich irgendwo mit einem Geräusch, mische mir eine Palette aus Tönen aus der gan-zen Welt, baue aus all dem Instru-mente, Skulpturen, Architekturen, vibrierende Bögen aus Klang, Säulen stehender Schwingungen in Feldern aus Zeit und Raum.

Ich wühle mich durch den Lärmmüll unserer Zivilisation, durchbreche die Schallmauer technisierter Isolation und öffne Raum und Zeit um mich herum.

Klangskulpturen schwimmen wie Bojen in den Gezeiten der Lärmmeere. Im offenen Gelände entstehen Klangbaustellen, die den ständigen Stadtlärm untertunneln und ihn Klang für Klang zum Zusammenklingen bringen.

Allmählich entstehen zusammenhängende synchronisierte Territorien, die über Datennetze weiter miteinander verbunden werden. Von Klangobservatorien aus wird am Stimmen der globalen Hörsphäre gearbeitet, um ausgedehnte Klangflüge in Raum und Zeit zu unternehmen.

Interkulturelle Klangbrücken verbinden isolierte soziale Hör-inseln zu einem Klangstrom, der, mit Lichtgeschwindigkeit zu-sammengehalten, Hörhorizont um Hörhorizont öffnet.

Zwischen dem Rauschen des Blutes und dem Sirren der Nerven öffnet sich ein Fenster zum Hören hin, als ständige Verbindung zu den äusseren Schichten des Lebens, das sich als dünne, verletzliche Haut um unseren Planeten spannt.

Und am Anfang dieser Reise durch Raum und Zeit steht immer ein einfaches Geräusch, ein Atemzug, ein Kritzeln, ein Klicken, ein Nichts.



NAVIGATION IN ZEIT UND RAUM
textpartitur für 3 simultane stimmen für "zeitgleich"

1. stimme: NAVIGATION (ankündigend)

elastic space machine

mikronetzwerk für online klangtransformationen, narrow-casting, interaktive weitervernetzbare klangarchitekturen, bestehend aus einem beinahe noch übersichtlichen geräte-arsenal, basierend auf eigenentwicklungen wie kassetten-maschinerie, delay-array, durchsichtigem matrixmixer und sehr mobilen bidirektionalen plexiglaslautsprechern.

1 RÄUMLICHE KONSTELLATIONEN - frei hängbare lautsprecher

KLANGTURM:
die ganze raumhöhe ausnutzende vertikale seilkonstruktion mit mindestens sechs in verschiedenste richtungen abstrahlenden lautsprecherplatten; minimale höhe 5m, optimal 12-15m oder 20-30m.

KLANGACHSE:
mehrere räume durchlaufende hoch-hängende seilkonstruktion, die eine kette von mindestens 6 lautsprechern bildet; klangfeldtiefe 25m bis 150m.

KLANG-ORBITS:
ringförmige anordnung von lautsprechern, z.b. in drei höhenlagen übereinander angeordnet. klangfeldtiefe 15m bis 50m.
die plexiglaslautsprecher eignen sich besonders auch in kombination mit bestehenden lautsprecheranlagen wie PA, fold-back monitoren oder herkömmlichen beschallungslautsprechern auf stativen.

2 MATRIXMIXER - zur unabhängigen zuordnung von 8 auf 3 x 8 kanäle..

schnell wechselnde räumliche aufteilung von verschiedenen klangquellen; gleitende raumbewegungen durch lautstärkenveränderungen, vektorielle verstärkung (derselbe klang er-scheint in verschiedenen wiedergabesystemen mit unterschiedlicher intensität);
besonders gut geeignet für mehrschichtiges verhalten von direkten und indirekten schallanteilen.
durch die räumliche konstellation und die architekur des jeweiligen raumes ist ein ganz bestimmtes dynamisches spektrum von möglicher raumpräsenz gegeben: maximale ortung (quasi punktquelle) versus maximale diffusion (quasi schwebende klangkugel).

LIVE ELEKTRONISCHE GESTALTUNG laufzeitkompensation und multi- plikation durch das delay-array.
das ursprüngliche tonsignal wird auf sechs kanäle aufgefächert, die unab-hängig voneinander und online zeitlich verzögert werden können.
in delay-clustern bis ca. 50ms entstehen raumbilder von kompakten räumen, bei zeitfächern bis ca. 250ms öffnen sich virtuelle raumfluchten, die gedehnt und ge-richtet werden können. bei zeitketten bis 1,2s entstehen rhythmische raumbewegungen für scharf artikulierte klänge und sich weit öffnende raumzeitfelder für gleitende klänge.

4 TELEMATISCHE INTERAKTIVE VERNETZUNG
lichtsensoren machen das netzwerkinstrument empfindlich für bewegungen von schatten der unmittelbaren umgebung. zusammen mit beliebigen anderen signalen wirken diese steuerimpulse auf den aktuellen klangstrom und via "digitrap" (einer 36 kanaligen schaltbox) auch auf hubmagnete, schrittmotoren, lichtschaltkreise, wasserventile ...
das lokale angebot von solcherart rückgekoppelten medialen schlaufen wird via modem, telefonleitung, isdn-netz an kompatible datenströme des überge-ordneten datennetzes angekoppelt.

5 SYNCHRONISATION VON MEHREREN LOKALEN NETZ-STATIONEN
bleibt ein telematischer kontakt über mehrere tage konstant erhalten, ist es möglich transparente, mehrdimensionale, begehbare medienarchitekturen "wachsen" zu lassen. es sind auch alternierende datenströme denkbar. die so entstehenden mediengezeiten beeinflussen zyklisch den möglichen wahrnehmungshorizont.

6 INTERKULTURELLER PLANETARISCHER KLANGRAUM
ein andauerndes, relativ stabiles, mehrere zeitzonen tiefes netz wird neue zeit- und raumperspektiven zugänglich machen. größere medial rückgekoppelte und synchronisierte, zusammen-hängende lebensräume könnten entstehen, klangstädte, die die planetarische tiefzeitperspektive von einem andauernden, 24 stündigen tag, durchaus auch mit dem entsprechenden elektromagnetischen raum in beziehung zu setzen wissen.

weiter ...


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