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Kunstradio LIVE
24.10.2004 - 23:05 CEST
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richard kriesche : richard kriesche

von richard kriesche
und Seppo Gründler

im Rahmen von Musikprotokoll 2004

kunst ist der schlüssel, mit dem künstler bilder über die äussere welt kreierten, um sie zu decodieren. mit der erkenntnis und der entschlüsselung des biogenetischen codes wird jeder mensch –zwangsweise – zum künstler. jedoch in einer noch tiefgreifenderen bedeutung als dies erstmals von joseph beuys erkannt worden ist. der mensch wird zum objektiven zeugen der codierbarkeit seines subjektiven selbst. diese, unsere radikale neue befindlichkeit ist der kern der gesamten informationsmodernen wirklichkeit.

„richard kriesche : richard kriesche“ ist ein weiteres projekt innerhalb der konzeption von „datenwerk : mensch“1, das den datenverarbeitungsprozessen des lebens selbst verpflichtet. im „datenwerk : mensch“ entgrenzen sich nicht nur die wissenschaften zum künstler hin und vice versa, sondern auch das forschende subjekt entgrenzt sich zum lebenden objekt. dementsprechend sind biomediziner und infokünstler gleichzeitig die subjekte und forschungsobjekte ihrer künstlerischen wissenschaft und wissenschaftlichen kunst.

vor diesem neuen hintergrund der erkenntnisse über die informationell-biogenetische natur des menschen treten die bisherigen kunstkonzeptionen, -praxen und -systeme endgültig aus der geschichte heraus. als bedeutungs-, sinn- oder unsinnsträger war ihnen allen eines gemeinsam: sie standen in antithese zur natur. auf der ebene der bio-informationell codierten wirklichkeit stehen sie vor einem universalen paradigmenwechsel, aus dem nicht erneut eine ‚neue’ kunst im widerspruch zur natur, sondern die ‚natur der kunst’ hervorgeht.

immer mehr lebensprozesse, selbst die innersten, werden verdatet, berechenbar, damit kontrollierbar und von aussen für jedermann steuerbar. und weil sie codiert und damit berechenbar sind, müssen sie, so mein postulat, daher zu allererst für das individuum erkennbar, d.h. decodierbar sein. spätestens jetzt wird kunst selbst zum code des informationsmodernen menschen, um seiner inneren, subjektiv erfahrbaren welt gestaltend begegnen zu können. [diese informations- und biotechnologisch gestützte kunst erfordert das eigene selbst als primären gegenstand von forschung und kunst. ein später nachruf auf die avantgarde (!)] seit wir wissen, dass der mensch durch information geformt wird, ist es der kunst vorbehalten, informationen dem menschen gemäß zu formen. keinem individuum kann es in zukunft erspart bleiben, die verantwortung für die „verrechnung des lebens“ zum entscheidenden teil selbst zu übernehmen, d.h. die bilder über sich selbst zu decodieren - denn der biomedizinische fortschritt zwingt das individuum, kraft der kontrollierbarkeit seines gesamten biokapitals mit diesem vernünftig, also sparsam und rational umzugehen. oder anders ausgedrückt, die gestaltung eben dieses biokapitals selbst vorzunehmen. mit gestaltung kommt kunst, in ihrer bisher noch nie gekannten existenziellen bedeutung, ins spiel. kontrolle in der nutzung des eigenen biokapitals heißt gesellschaftspolitisch ständige vorsorge als notwendigkeit für jedermann. kunst als lebensgestaltung kommt als lebenskunst – parallel zu life-science – zu ihrer ultimativen bedeutung.
mit „richard kriesche : richard kriesche“ wird kunst auf ihrer höhe, die der neuen künstlerisch-wissenschaftlichen praxis positioniert.

projektskizze: für musikprotokoll, kunstradio bzw. steirischer herbst ein sound- und videostück. grundlage bildet das spannungsverhältnis zwischen der körperhaften wirklichkeit des richard kriesche und der informationellen wirklichkeit des richard kriesche. steht auf der einen seite des spannungsfeldes richard kriesche als figur in zeit und raum, so steht auf der anderen seite richard kriesche als genetische information in form eines chips.

repräsentiert der eine richard kriesche die äusserste form seiner erscheinung so repräsentiert der andere richard kriesche die innerste struktur derselben. erst das spannungsfeld zwischen beiden lässt uns von der realität des richard kriesche sprechen.

um nichts anderes geht es, als dieser neuen realität so nah wir möglich zu kommen. der schlüssel dafür liegt in der kommunikation zwischen den beiden richard kriesche. mit „richard kriesche : richard kriesche“ bringt sich dieser schlüssel durch die übertragung von datensätzen in form von ausschliesslich sich selbstgenerierenden sounds zur darstellung.

© 'übertragung’ 2004 richard kriesche