Aus Anlass der 100. Wiederkehr
des Erscheinens der "Traumdeutung" von Sigmund Freud (4. November 1899)
transformiert diese radiophone 'Grabungskampagne' die Freudsche Archäologiemetaphorik
in einen akustischen Raum.
Freuds berühmte Archäologiemetapher, die davon ausgeht, daß auch in
der menschlichen Psyche der "glückliche" pompejianische Ausnahmefall
gelte, daß unter der Verschüttung "alles Wesentliche erhalten" (Freud)
bleibe und deshalb kein endgültiges Vergessen und Verdrängen möglich
sei, gibt das Thema und die Struktur gleichermassen vor: Analytisch
und synthetisch bricht dieses Hörstück die glatte und bewußte Oberfläche
der historischen Erzählung auf, um die im Wort-Laut, Rhythmus und in
der Sprechmelodie eingelagerten - halb- und unbewussten - Bedeutungen
aufzufinden und akustisch auszugraben.
Reverse-, sampling-, reverb-
und loop-Manöver zerlegen den wissenschaftshistorischen Bericht in kompositorische
Elemente und offenbaren den bewussten Diskurs der Sprecherstimme als
Palimsest von vor- und rückläufigen Be-Deutungsmöglichkeiten. Die Schriften,
Abschriften, Tilgungen und Überschreibungen überlagern und überblenden
einander wie die Schichten eines geologischen oder archäologischen Querschnitts
- Radiophonie wird damit zum mehrdimensionalen Modell polymorpher Begehren
und widersprüchlicher Determinierungen.
N.B. Die Produktion benützt
als Tonmaterial ausschliesslich die Stimme der Sprecherin/ Autorin.
Es wurden keine zusätzlichen Effekte, Zuspielungen und Fremdmelodien
herangezogen.