Personenrufe
eine mediale Gedenktafel
(1993-1995)

Hervorgegangen ist das Projekt aus einer Idee aus dem Jahr 1992 , bei dem fiktive Personenrufe im öffentlichen Raum, über Lautsprecheranlagen ausgestrahlt werden sollten. Für den Verein TRANSIT wurde das Konzept bezogen auf die Massenmedien Radio und Fernsehen, den öffentlichen Raum, und nun WWW, weiterentwickelt. Dabei sollten Einschaltungen im Radio, Fernsehen, elektronische Aktionen sowie Plakate in Bahnhöfen, Flughäfen etc. entstehen. Es war uns ein Anliegen, daß der Rezipient die gerufenen Personen nicht sofort als Opfer des Nazionalsozialistischen Regimes "erkannte", dies sollte erst nach und nach und bei genauerem Hinhören/sehen klar werden. Der gezielte Eingriff in einen medialen Vorgang (eine "mediale" Perzeption) war genauso wesentlich wie die Arbeit mit dem aufgefundenen Material. Dabei mußte, da es sich hier um ein künstlerisches Projekt handelt, einerseits eine Abgrenzung zu einer rein historischen Aufarbeitung gezogen werden, andererseits sollte die Aktion auf keinen Fall als didaktisch bzw. politisch-moralisch mißverstanden werden können. Es mußte daher eine Form, die die Möglichkeiten zur künstlerischen "Verschlüsselung" der Personendaten in diesem Sinne ermöglichte, gefunden werden.
Der Hinweis auf die Rotkreuzlisten die nach dem Krieg im Radio verlesen wurden, war die entscheidende Anregung für die Form der "Personenrufe". Mit den Listen war eine Form gefunden die einerseits direkten Bezug zum Massenmedium hatte und die uns andererseits die Möglichkeiten zur Verschlüsselung, zur Irritation, zur Fiktion gab.
Der nächste Arbeitsschritt war die Adaption dieser Form auf die verschiedenen Medien (Radioeinschaltungen, Fernseheinschaltungen, Plakate, Computernetzwerk, Bildschirmtext, ).
In einschlägiger Fachliteratur und im Dokumentaionsarchiv des österreichischen Widerstandes wurde nach geeigneten Personendaten recherchiert. Da es keine systematische Erfassung von Opfern gibt mußten Namen und biographische Daten mühsam aus Gerichtsakten, Berichten, aus Aufzeichnungen von Institutionen und Vereinigungen wie Gewerkschaften, Parteien, Bundesbahnen etc. herausgesucht und exzerpiert werden. Hierbei wurden vor allem unbekannte, anonyme Personen ausgewählt, wiewohl einige "prominente" Namen eingestreut wurden, um den Erkennungswert zu steigern. (z.B. Franz Jägerstätter) Auf diese Weise wurden die 160 Namen, die die Personenrufe derzeit umfassen, zum Teil mit Adressen und Datum des Verschwindens bzw. der Deportation oder Emigration ausgewählt.
Als eine logische Folge der bisherigen Aktivitäten wird das Projekt nun für das WWW als Personenrufe Online weiterentwickelt.. Das Medium scheint uns hervorragend geeignet alle bisherigen, sich über verschiedene Medien erstreckende Aktivitäten zu dokumentieren, aber auch neue, medienimmanete, Aspekte herauszuarbeiten. Vor allem die in der frühen Projektphase vorgesehene Einbeziehung von Bildmaterial und die Möglichkeit des Feedbacks via E-Mail (als "sachdienliche Hinweise" über den Verbleib von genannten Personen) soll dabei weiterentwicket werden. Auch aus diesem Grund kann diese Arbeit nur als ein "Work in Progress" verstanden werden.


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