Kunstradio Projects / Literatur als Radiokunst

klaus händl:

«Paulsberger Forellen»

In Paulsberg lebten die Forellen, lang und zügig schwammen sie in ihrem schmalen...Bachbett einfach voran, dann und wann kehrten sie um, schnappten nach Luft und standen immer wieder mitten in der Strömung still, empfindsame Forellen.

Sie stellten sich ums Kennen quer, erhöhten so den Druck, wie er dahinglitt, und genossen ihn verstärkt im Sonnenschein. Später...schnellten sie wieder unter das Gras, das wie ein Dach als weicher Rahmen knapp ins Wasser hing. So lebten sie ihr Leben.

Sie wurden mit köstlichen Larven gefüttert. Am Freitag gab es Fisch, getrocknet und gemahlen. Meist ruhten sie aus und setzten ihr zartes Fett an, oder lagen sie auf der Lauer und sprangen aus dem Wasser und verjagten einander, halbe Tage verbrachten sie Seite an Seite, sie waren gern einmal allein.

Das Bachbett war verfliest und unterteilt. Ständig strömte Sauerstoff aus einigen Düsen am Kopf der Becken. Die Becken waren an sich blank. Es gab eine breite Bürste, mit der jeder Abschnitt wieder und wieder langsam gründlich gescheuert wurde. Winzige Algen lösten sich und wurden von den Forellen verschluckt.

Mörtel wurde ausgeschwemmt und sammelte sich...als langes Rinnsal unter der Strömung, mit ihren Schwanzflossen wirbelten ihn die Forellen auf, sie fraßen diesen feinen Sand und schieden ihn dann aus. Es war ein Spiel für sie.

Sie fraßen auch vom Gras, das von Zeit zu Zeit gemäht wurde und teilweise ins Wasser fiel, und sie verdauten es. Sie waren von nichts als Wasser...und Fliesen umgeben, einmal abgesehen vom Rahmen aus Gras.

An den Donnerstagen wurden einige Forellen in ein flaches Netz geschlagen, aus dem Becken gerissen, auf die Wiese gekippt und geschätzt. Wie unter Strom zuckten sie, sie kämpften um ihr Leben.

Manche wurden, weil sie doch noch wachsen sollten, rasch von Handschuhen geschnappt und zurückgeworfen. Aber die meisten kamen in eine schmale, tiefe Wanne mit wenig Wasser, sodaß sie, wie sie auch sprangen, den Rand nicht erreichten.

Nach ein paar Stunden waren sie völlig erschöpft. Mit der bloßen Hand wurden sie herausgefischt, festgehalten und getötet, sie wurden erschlagen. Mit einem Hieb wurde ihnen der Kopf gebrochen. Sie wurden aufgeschlitzt, ausgenommen und gewogen. Die Eingeweide lagen im Gras. Dann wurden sie verkauft, frische Forellen...von Bad Paulsberg.