Kunstradio Projects / Literatur als Radiokunst

Kathrin Röggla:

«endergebnisse»

Ausgehend von einem Prosastück aus dem 2000 bei Residenz erschienen Band «Irres Wetter» modelliert die Schriftstellerin Kathrin Röggla ein Stimmenspiel, welches die Möglichkeiten der «Kommunikation» zwischen Individuen, zwischen den Generationen und ihren Wertesystemen, aber auch von Kommunikationsmedien (TV, Mode) und Menschen überprüft.

Kathrin Röggla: Daß wir von Außerirdischen umgeben sind, wissen wir längst schon. Nicht mehr brechen sie permanent über uns herein wie in den 80ern, nicht mehr verbreiten sie Argwohn unter der Bevölkerung wie in den frühen 90ern, weil sie einfach bleiben wollen. Nein, heute sind sie nicht nur immer schon da, sie werden auch immer schon vereinnahmt. Es ist schwer, heute plausibel ein Außerirdischer zu sein. Und nicht nur das, jetzt haben wir sogar noch einen neuen Namen für sie: «Jugendliche». Von ihnen sind wir fasziniert, ihre Ausstrahlung und ihre Kaufkraft ist es, die unsere Phantasien und Geschäfte am Laufen halten. Trotzdem fällt ihr Auftauchen am Wahlabend der Bundestagswahl im September 1998 (also die Wahl, die Deutschland total verändern sollte) in einer Sozialpädagogen-WG in Berlin Kreuzberg in saftiger Retro-manier in die gute alte Kategorie «Invasion from the Mars». D.h. die Begegnung verläuft über Territorialisierung, bzw. Besetzung von Räumen, wobei es sich in diesem Fall um Stimmräume handelt, die aufeinander stoßen, ineinander fließen, sich überlagern oder sich konterkarieren, abstoßen. Und am Ende haben wie immer die Richtigen gewonnen. Feine Sache.

«Improvisation hat auch was für sich», sagte schon Groucho Marx, und so war es dann auch. Die Zeit der Stimme hat schließlich ihre Berechtigung, ihr muß Raum gegeben werden, und Summen und Pfeifen in öffentlichen Räumen (z.B. Radio,Netz) halte ich für eine zu fördernde Sache, selbst wenn es zu einem Kichern und Gackern mutiert. Die musikalische und die rationale Seite von Sprache auseinanderzuhalten, lag nie in meinem Interesse, im Gegenteil, deren Bedingtheit möchte ich deutlicher machen. Die Möglichkeit, eine Stimme durch Effekt-Geräte zu jagen, sie mit technischen Filtern zu versehen, sie aufzusplittern, zu verdoppeln, sie zu beschleunigen, zu verlangsamen, zu verräumlichen kann dabei eigentlich nur von Vorteil sein.