HORIZONTAL RADIO



horizontal radio berlin

martin daske




vorausschicken muß ich, daß ich noch nie besonders gut darin war, solche "berichte" zu verfassen. ich versuch's trotzdem. also:

in einer halle eines alten straßenbahndepots in berlin-moabit (ca.20 mal 30 meter) habe ich in der mitte (mit nach außen gerichteten lautsprechern) eine "klanginsel" aufgebaut, die 12 stunden lang meine klanginstallation ausstrahlte.
diese installation bestand aus vielschichtigem gesampelten material, das von einem sequenzer gesteuert wurde, wobei sich die zuordnung von sequenzen und material über die ganzen 12 stunden kontinuierlich veränderte.

zusätzlich dazu habe ich "fenster" in die installation eingebaut, für live gesprochene texte (carine limbosch) und kurze, zum thema passende stücke anderer komponisten (stefan bartling, etienne delmas, chantal dumas und christian calon). das (mono)-resultat all dieser dinge wurde auf einer stehenden ISDN-leitung permanent "linz" angeboten.

und diese zentral-installation herum befanden sich acht weitere "klanginseln", die jeweils aus einem lautsprecher bestanden.

diese lautsprecher waren bestimmten teilnehmenden anstalten zugeordnet (z.b. "linz", "london", "helsinki", "edmonton", "rom" usw).
das ziel war, auf den anderen theoretisch verfügbaren ISDN-leitungen (plus kurzwelle plus mittelwelle) von den jeweiligen stationen material zu empfangen und direkt auf die ensprechenden lautsprecher zu "routen", so daß die besucher der veranstaltung sich ihre eigene persönliche mischung all dessen, was da stattfand, "erwandern" könnten.

schon in der vorbereitungsphase stellte sich jedoch heraus, daß die gewünschte anzahl ISDN-leitungen weder von der deutschen telekom gestellt werden konnte noch in linz genügende leitungen vorhanden waren. die bis dahin wohl völlig unerforschten kompatibilitätsprobleme von ISDN-anschlüssen zwischen verschiedenen ländern haben dann dafür gesorgt, daß wir zwar 4 ISDN-geräte in der halle stehen hatten, aber nur eines funktionierte.

das auf dieser leitung ankommende material (von "linz" sorgsam mit verschiedensten stationen beschickt (wofür es sogar einen ''fahrplan'' gab, der im wesentlichen eingehalten wurde) haben wir dann abwechselnd auf die entsprechenden lautsprecher "geroutet" (wobei wegen des improvisatorischen charakters gelegentlich das falsche material auf den einen oder anderen lautsprecher kam) und gleichzeitig auf einen digital-schnittplatz geschickt, auf dem sagen wir 10 minuten aus london aufgenommen, geschleift und auf eine audiocassette überspielt wurden.

anschließend wurde diese audiocassette auf den "london"-lautsprecher geschickt und wir hatten zeit, material von anderswo auf die gleiche weise zu "strecken". nach und nach gab es dann genügende cassetten, um alle lautsprecher mit "fast-live-material" zu versorgen. am anfang und in der übergangszeit haben wir die lautsprecher mit "konserven" beschickt (cd's, bänder, cassetten), die nach möglichkeit etwas mit dem thema oder den teilnehmenden audioartisten zu tun hatten.

für unsere einstündige live-sendung stand meine klanginstallation weitgehend im vordergrund, wobei es wieder "fenster" gab, in die texte und andere radiophone stücke ausschnittsweise eingebaut wurden. und zusätzlich, nach einer geschriebenen partitur, wurden ausschnitte der anderen "klanginseln" dazugemischt. wobei ich beim schreiben der partitur natürlich nicht wissen konnte, was da in dem moment passieren würde.

die grundidee einer vernetzung verschiedenster stationen, künstler, länder usw. hat füir mich durch diese veranstaltung durchaus nicht ihren reiz verloren, aber das akustische resultat von "horizontal radio" hatte doch durchaus seine schwächen. die verschiedenen materialien ließen sich oft schwer voneinander unterscheiden und in vielen fällen war das ergebnis der mischung ein einziger brei.

vielleicht sollte für weitere projekte dieser art ein stärkerer akzent auf "fenster" und eine "gesteuerte akzentmischung" gelegt werden. auch habe ich mich bei vielen ankommenden beiträgen fragen müssen, was das denn mit dem thema "migration" zu tun habe. abgesehen davon sorgte die technische problematik kurz vor und während der veranstaltung für etliche "fast-herzanfälle" und "fastmagengeschwüre".

na denn, machen wir weiter?


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