Sonntag, 6. Oktober 2019, 23:03 - 0:00, Ö1

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RADIOKUNST - KUNSTRADIO






musikprotokoll 2019: "Zero plays"
andere Stücke von Anton Sarokin
Unheimliche digitale Klanglandschaften
Im Rahmen des ORF musikprotokolls im steirschen herbst

PLAY



Anton Sarokin ist ein weißrussischer Medienkünstler, dessen neue Radioarbeit „Zero Plays“ als Auftragsarbeit des Ö1 Kunstradios und des ORF musikprotokolls entstanden ist. Das ist ein Festival für zeitgenössische und experimentelle Musik, das bis 6. Oktober 2019 in Graz stattgefunden hat. Beim musikprotokoll ist das Ö1 Kunstradio traditionellerweise mit einer Performance oder Auftragsstücken vertreten – und so ist auch die dem Künstler Anton Sarokin gewidmete Sendung als Nachklang zum musikprotokoll zu hören.

Sarokin wurde 1985 geboren, er lebt in Minsk, und in seiner Kunst beschäftigt er sich mit Themen wie individuelles und kollektives Gedächtnis, politische Dimensionen von Klang und Stille, die Beziehung von Musik und sozialen Räumen und die nichtlineare Wahrnehmung von Zeit. Sein Arbeitsmaterial findet er in Archiven und im Internet, er verwendet eigene Aufnahmen und Artefakte der Popkultur, Memes und digitalen Müll. Solcherart Material kombiniert er, um in den Medien enthaltene Bedeutungen zu hinterfragen.

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1) „Zero plays“



Für sein neues Radiostück „Zero plays“ hat sich Sarokin in die Untiefen des Word Wide Web begeben. Da lagern nämlich jede Menge Daten, die niemals abgerufen werden, also Audio- und Videofiles mit „zero plays“. Allein die Algorithmen beobachten diese Files – es sind die einsamsten digitalen Stimmen am dichtesten Ort, eine Gespensterkolonie des Netzwerks, meint Sarokin. Diesen Files also, die aufgrund der Filteralgorithmen auch nicht besonders hohe Chancen haben, jemals gesucht und daher sichtbar zu werden, hat der Künstler nachgespürt.

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2) „We get our language back through the language of others“
Aus den NASA-Archiven hat Sarokin Soundmaterial von Bord der Voyager, Apollo, Discovery and Mercury Raumfahrzeuge gefunden – Aufnahmen des Radios an Bord. Diese mischt er mit anderen Found Footage Sounds, unter anderem sind das Mitschnitte eines Radios in der irakisch-syrischen Grenzstadt Abu Kamal. Und ganz zum Schluss singt HAL 9000 in „2001: A space odyssey“ „Daisy Bell“ – dieses Lied mit dem bekannten Refrain ist das erste Lied, das von einer Computerstimme gesungen wurde, 1961 vom IBM 7094. Benannt ist die Found-Footage-Collage nach einem Sprach-Sample von Michael Nyman.

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3) „101.2FM Ghostscape“



Für sein neues Radiostück „Zero plays“ hat sich In seinem Elternhaus fand der weißrussische Künstler Kassetten, die er als Jugendlicher vom Radio aufgenommen hatte, vor knapp zwanzig Jahren. An die alternative Radiostation, seinem favorisierten Sender damals, hat er eine Hommage gestaltet, mit den alten Kassetten und einem Sony Walkman – genau jenes Modell, das er sich als Jugendlicher erträumt hatte.

Links:
ORF musikprotokoll