Sonntag, 19. Februar 2017, 23:03 - 00:00, Ö1

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KUNSTRADIO - RADIOKUNST





“A Mermaid is on the air”
und andere Wasserstücke von Anna Raimondo



Die Meerjungfrau ist zwar in der Kinderunterhaltung eine beliebte Figur – in der Gegenwartskunst ist sie eher selten anzutreffen. Nichtsdestotrotz hat die Radiokünstlerin Anna Raimondo ein neues Hörstück gewidmet, das sich unter anderem mit der Ambivalenz dieses Geschöpfs befasst.

Wasser, Gewässer und das Meer sind ein gemeinsames Thema mehrere Radioarbeiten von Anna Raimondo, möglicherweise ein Thema, das sich durch ihr Leben zieht. So lassen sich die folgenden Stücke, die Raimondo fürs Kunstradio ausgewählt hat, auch als radiophone Biographie der Künstlerin sehen. In Neapel geboren, lebte sie in Marseille, in London und Marokko, und derzeit ist Brüssel ihr heimatlicher Hafen. Gemeinsam mit dem bildenden Künstler Younes Baba Ali hat Raimondo 2012 die Radiokunst-Plattform Saout Radio gegründet, sie trägt damit zur Verbreitung von Radio-Stücken, aber auch zur Vernetzung von Künstlerinnen, Künstlern und Institutionen außerhalb von Europa bei.


1) „A mermaid is on air“

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Mit der mythologischen Figur der Meerjungfrau befasst sich Anna Raimondo in ihrem neuen Radiostück “A mermaid is on air” – einerseits ist die Meerjungfrau ein faszinierendes, schwer fassbares Geschöpf; andererseits dient sie als Projektionsfläche für verschiedene Vorstellungen von Weiblichkeit. Halb Frau halb Fisch, Femme fatale und unschuldige Schönheit, Prophetin oder Zerstörerin… ein Wesen zwischen verschiedenen Welten. Für Anna Raimondo ist besonders die schwanzflossige Parthenope, eine der Sirenen aus der Odysseus-Sage, ein historischer und persönlicher Bezugspunkt – wo Parthenopes Leichnam angeschwemmt wurde, entstand die italienische Stadt Neapel, Anna Raimondos Geburtsort.

Soundmix: Jeanne Débarsy

Soundeffekte: Céline Bernard

Aufnahmen Soundeffekte: Stjin Norga

Eine Auftragsarbeit von Radio Museo Reina Sofia, dem Festival Radio Revolten und dem Ö1 Kunstradio.

Link:
Radio Museo Reina Sofia


2) „Mediterraneo“



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Das 5-minütige Stück basiert auf einer Videoperformance von 2014: Zu sehen ist ein leeres Glas, das Tropfen für Tropfen mit einer blauen Flüssigkeit gefüllt wird, bis das Wasser überläuft. Zu hören ist Anna Raimondos Stimme, die das Wort „Mediterraneo“, also Mittelmeer, unablässig wiederholt, dabei langsam untertaucht, bis sie im Wassersog nicht mehr zu verstehen ist. „Die Sprachfluss ist meditativ und obsessiv zu gleich, durch die Wiederholung wird das Wort abstrakt, wie ein Rhythmus“, sagt die Künstlerin über die Tonspur, die auch ohne das bewegte Bild von großer Eindringlichkeit ist.


3) „L’Eau en Senne“



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Der Fluss Senne/Zenne fließt durch Brüssel und ist dennoch nicht sichtbar – im 19. und 20. Jahrhundert wurde er vollständig überbaut. Anna Raimondo spürt diesem Fluss nach, nicht nur seinem verborgenen Verlauf, sondern auch dem Nachklang des Gewässers. Gemeinsam mit der professionellen Geräuschemacherin Celine Bernard und einigen Teilnehmern eines Workshops für die Konstruktion von Wasser-Klangbobjekten hat Raimondo die verschwunden Sounds der Senne rekonstruiert und inszeniert – in einer Soundparade durch den öffentlichen Stadtraum.


4) „La vie en bleu“



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Im Radiostück „La vie en bleu“ schlägt Anna Raimondo eine Brücke zwischen Neapel, wo sie geboren wurde, und Marseille, wo sie lebte. Beide Städte sind geprägt durch die Lage am Meer, und durch den Realitätsfilter des Wassers betrachtet Raimondo die beiden Orte.

“Zwischen Marseille und Neapel, durch das Mittelmeer navigierend. Das eine ist die Stadt, in der ich geboren wurde, das andere ist eine Stadt, die mich aufgenommen hat.
'La vie en bleu' ist ein intimes Eintauchen in zwei Realitäten, die durch das Meer geprägt werden. Das Meer, das reinigt, säubert und das – wenn man untertaucht und die Welt draußen vergisst – eine Katharsis ist. Field Recordings und Unterwasseraufnahmen werden zu einem Soundscape komponiert, in dem Blau die dominierende Farbe ist. Blau wie das Meer, aber auch blau wie die Vereinsfarben der Fußballmannschaften von Neapel und Marseille...”

Mix: Anna Raimondo, Tony Regnauld


5) “In between”

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Das Stück entstand im Rahmen eines Gastatelieraufenthalts am Sporoble Art Center in Quebec, für die sogenannte Vitrine Sonore, kuratiert von Philippe Gauthier im August 2013. Raimondo erkundete die Schwellenbereiche des Gebäudes, also die Fenster, die Türen, die Wände und das Dach, und machte mit speziellen Mikrophonen Aufnahmen von Sounds, die mit freiem Ohr nicht wahrnehmbar sind. Entstanden sind die Aufnahmen in Zusammenarbeit mit Younes Baba-Ali. Sie bilden das Klangmaterial für das Stück „In between“.