Sonntag, 9. April 2017, 23:03 - 00:00, Ö1

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KUNSTRADIO - RADIOKUNST




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„Hören ist Sehen“

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Die Ausstellung "Hören ist Sehen" beinhaltet in der Zwischenzeit über 180 Stücke von Künstlerinnen aus aller Welt, die seit 6. April im Projektraum MAG 3 im zweiten Wiener Gemeindebezirk zu hören und sehen sind. 1996 entstand die Idee zu „Hören ist Sehen“ erzählt der Kurator und Künstler Gue Schmidt, deren Ausgangspunkt eine fast 20 stündige Auswahl aus Kunstradioproduktionen war. Zum ersten gezeigt wurde die Ausstellung "Hören ist Sehen" in Kolumbien. Von dort wanderte sie durch Deutschland, Mexiko, Türkei, Ungarn, die USA, Venezuela und wird nun nach Graz und St. Pölten in Wien zum 18. Mal gezeigt. Den ganzen April lang können die über 180 Stücke gehört werden und das Ö1 Kunstradio präsentiert eine kleine Auswahl.

Verdichtung 2 (0’48”)
GOTTFRIED BECHTOLD
„ich habe den Raum reduziert – dazu ist nichts mehr zu sagen” (in Anlehnung an Ludwig Wittgensteins „tractatus logico-philosophicus”)
In den Jahren 2005 auf 2006 arbeitete Gottfried Bechtold an einer Präsentation für eine umfassende Werkschau seiner Arbeiten im Bregenzer Kunsthaus. Dabei sollte nicht nur das Haus mit einer Ausstellung respektive mit Installationen bespielt werden, sondern auch der Raum außerhalb des Kunsthauses. Am Vorplatz desselben wurde sodann das Skulpturenensemble „elf elf” präsentiert. Es handelte sich dabei um 11 Abgüsse eines Prototyps der Porsche-911-Serie, welcher ihm für diesen Zweck von der Firma Porsche zur Verfügung gestellt wurde. Etwa 35 Jahre zuvor präsentierte er in Bregenz seinen ersten Beton-porsche als Abguss seines eigenen Fahrzeuges, danach (2001) folgte noch ein zweiter, der sogenannte „Crash-Porsche”.
Während der Herstellung der Formen für besagte Abgüsse, sowie bei den weiteren eigentlichen Gießungen, wurde mittels Video eine Dokumentation über jene Arbeiten aufgezeichnet. Aus diesem Videomaterial stammen nun jene Klangfragmente welche hier zu hören sind; sie stellen eine akustische Verbindung her, zum Hergang des Verdichtens der Urform, also des Ausgangspunktes für besagte Skulpturen. Diese Urform – der originale Porsche Carrera-S-997-Prototyp – wurde nach den Gießungen in einer Schrottpresse verdichtet, sprich „zusammen gepresst”, welche auch im Rahmen jener Werkschau, als Würfel im Erdgeschoss des Kunsthauses ausgestellt wurde.
Die photographische Abbildung in der Ausstellung im Projektraum MAG3 wiederum zeigt den Vorgang im Modellfall.

comfort/discomfort (1’25”)
THOMAS KUSCHNY
Eine „Versinnenbildlichung“
Plädoyer für die Unschärfen oder aber Plädoyer für die Schärfen je nach Ausgangszustand, Betrachtungsweise und Topos.

Homeland Security, III
RAINER GANAHL
Das Prinzip ist immer dasselbe: ein bestimmter Satz wird von Rainer Ganahl in jeder der 11 Sprachen, die er bisher gelernt hat ausgesprochen. In einer Situation, die mit derjenigen in einem Sprachlabor vergleichbar ist, wiederholt er denselben Satz in all diesen verschiedenen Sprachen, wobei er Humor, Absurdität und Paranoia thematisiert. Mit dieser Reihe von „Sicherheit in der Heimat” Clips, gefilmt wie Fahndungsfotos, bezieht er sich auf das neu geschaffene Sicherheitsbüro, das uns sehr wahrscheinlich eine Art von quasitotalitärem Big Brother Polizeiapparat bescheren wird.
Unsere Wohnstätten werden digitaler Datensuche und endloser Profilerstellung ausgesetzt sein – kurz gesagt: „Sicherheit ohne Heimat”, da es für uns immer schwieriger wird unsere Wohnstätten als tatsächliche Heimat zu empfinden. Seine „Sicherheit in der Heimat” Sequenzen beginnen in Arabisch, einer Sprache, die er seit 2001 lernt, und enden in uns vertrauteren Sprachen. Die Sätze sind einfach und drücken in gewissem Ausmaß Paranoia aus: „Ich bin kein Terrorist” (1), „Ich bin kein religiöser Fanatiker” (2), „Ich gebe terroristischen Netzwerken kein Geld (3), ”Ich weiß nicht wie man Bomben baut“ (4), ”Ich lade keine gefährlichen Informationen aus dem Internet herunter“ (5).

Amolador in dub
LUIS ROMERO
„Amolador” ist ein Sound, der von Romero gemeinsam mit einem Mann erzeugt wurde, der mit seiner Pfeife (amolador) die Strassen entlang zieht und so die Leute herbeiruft, die ihre Geräte schärfen lassen wollen.
Diesen Sound habe ich mit einem der instrumentellen Tracks des Meisters des Dub, „Scratch” Lee Perry, gemixt.

2:15
ROBERT ZAHORNICKY
„Hören ist Sehen, nicht Lesen”.
Die Belichtungszeit des Photos ist 2’15”. Genauso lange ist auch Bill Haleys ”Rock Around The Clock”, das Musikstück auf der vom Künstler fotografierten Schellack.
Als Ton ist 2’15” lang das Geräusch der Auslaufrille zu hören. Der Hörer muss die Musik sich dazu imaginieren – je nach seinem Erinnerungsstand.

Unsichtbare Skulpturen 2.Territorium - Gelbe Zone
NATALIA PSCHENITSCHNIKOWA
Track 6: Hof am Cwetnoj Bulvar, Trommel (1’40”)
Track 7: Zemljanoj Val, Akkordeon (3’41”)
Die Aufnahmen entstanden in Moskau an drei Tagen im Oktober 2006. Alle Aufnahmen wurden draußen, innerhalb des Straßendreiecks Turgenevskaja - Kitaj - Gorod - Zemljanoj Val gemacht. Das ist die „Zone” ihrer Kindheit und Jugend Zone, wo so vieles gefühlt wurde, wo so viel geschehen ist, und wo so viele Spaziergänge stattfanden.
Hier in ihrer damals so leidenschaftlich geliebten und gehassten Stadt – ein Gefühl, das sich nie wiederholen wird – kannte sie den Klang jeder Straßenecke, konnte mit geschlossenen Augen ihren Weg nach Hause finden. Jetzt, Jahre später, hat sich die Stadt sehr verändert, der Klang ist, wie ein Atem, anders geworden: krank, asthmatisch, mit spastischem, betrunkenem Lachen ist er wie ein Amokläufer, der das süße Getränk des Friedens mit der bitteren Droge des Konsums verwechselt hat. Die Stadt schreit nach Geld und Sex, gierig und unersättlich. Nichts anderes ist geblieben. Fast nichts.
Diese Aufnahmen sind Dokumentationen des Versuchs, den sterbenden Stadtkörper zu berühren, des Versuchs, letzte Klänge dort zu lassen, unsichtbare kleine Friedhofssteine als Zeichen des Abschieds.

Untide
MARILYN COLLINS
Diese Arbeit nimmt das Thema der ursprünglichen (1.) Arbeit für “hören ist sehen”, den Klang von Wasser, wieder auf. In diesem Fall handelt es sich um das libysche Meer westlich von Paleochora, wo der Künstlerin der Strand sechs Monate lang als Freiluftatelier diente. Das Labyrinth der kretischen Mythologie kann überall auf der Insel gefunden werden, da das Wasser Kanäle durch den weichen Sandstein zieht. Am Meeresufer entstehen seltsame Geräusche, die wie knurrende Mägen klingen. Collins hat die epische Wortmalerei eines Uferspaziergangs, die geflüsterte Reflexion über unbewusste/ererbte Stimmen und den Klang des Meeres zusammengebracht. Toningenieur: Josef Schramm
Entstanden in Matacom, Selinos auf Kreta am 15. April 2007-06-05

SchleifeFrankfurt
PETER BATTISTI
Weder 0 noch 1
TON trägt
Unaufhaltsam

Porträt von Nikola Tesla (ein aphonisches Gedicht) Teil 1 und Teil 2
W. MARK SUTHERLAND
„Porträt von Nikola Tesla“ ist ein etwa 6-minütiges, aphonisches (ohne Stimmen) Klanggedicht in zwei Teilen, das dem irren Wissenschaftler Nikola Tesla (1856-1943) gewidmet ist. Tesla war ein Pionier auf dem Gebiet der Entwicklung des Wechselstroms und der drahtlosen Kommunikation, und wurde 1943 vom obersten Gerichtshof der USA zum Erfinder des Radios erklärt.

Körperoperationen
GUE SCHMIDT
Was haben Bremerhaven und Körperoperationen, der Titel einer gleichnamigen Installationsarbeit, wohl gemein? Nichts, außer dass jene Installation in einer Stadt namens Bremen vor fast 20 Jahren zu sehen war, und dass das Verhältnis zwischen Bild und Ton in dieser jetzigen Ausstellung, welches sich fast zufällig ergab, eine ungemein starke Entsprechung besitzt.
Aber lieber noch mal von vorne: Der Klang entstammt aus einer im Hintergrund laufenden Geräuschkulisse einer Installation, welche Gue Schmidt im Jahre 1988 für eine Galerie in Bremen entwickelte.
Bei den verwendeten Materialien handelte es sich um stark übermalte, sowie auch im Negativprozess zerstückelte (zerrissene!) Photographien.
Als Motive waren Abbildungen weiblicher und männlicher Torsi gewählt, welche vorerst zerrissen (das Negativ!), sich immer mehr überlappend, bis zur Entstehung einer gänzlich neuen Form hin sich veränderten; Lack und Acrylfarbe unterstrichen noch zusätzlich die dramatische Bewegung. Vor jeder Photographie war eine Glühbirne installiert. Die Wände des Raumes (der Hintergrund für die Bilder) waren schwarz verkleidet.
Die Klangcollage, welche ständig sich wiederholte, bestand aus verschiedensten Elementen – ein Teil davon waren Geräusche brechenden Eises.
Jenen Teil hat Gue Schmidt nun für diese Klangarbeit herausgefiltert und im Studio nachbearbeitet, bis dass ein dumpf-schwebendes Klangkonglomerat die Folge war.
Bei seiner Suche nach einer bildlichen Entsprechung, fand er eine Photographie aus dem Jahre 1900 (Bremerhaven, 27.7.), wo ein angetretenes Regiment von Soldaten der berühmt-berüchtigten Brandrede Wilhelm’s (II.) lauschten, kurz vor ihrer Verschiffung nach China, um, im Verein mit Soldaten anderer Großmächte jener Zeit, den so genannten „Boxeraufstand”, niederzuschlagen.
Im Bild, welches ebenfalls nachbearbeitet und verändert wurde, verschwimmen (!) ihre Konturen sowohl als auch ihre Individualität.
Wie viele haben wohl die (ihre?) Angelegenheit überlebt? Wie viele andere hatten sie in Durchführung ihrer Aufgabe zur Aufgabe ihrer Existenz gebracht. Was ist wohl die Summe von Damals bis jetzt? Eine dumpfe Sache! Das Klangstück gibt Zeugnis, obwohl abstrakt...

tribe
FRIEDRICH ROTTER
energie
idee
programm
code
maschine
werkzeug
produkt

Froschterzett
MICHAEL GEYERSBACH
Im Wasserspiegel
zeichnet das Schilf die Stimmen
für die Frösche auf.
Froschterzett ist eine Klangarbeit für Tierstimmen der Gattung Teichfrosch (Rana esculenta). Die Komposition entstand visuell, notiert als Lautmalerei. Per coaching wird die Partitur, ein dreistimmig gesetzter Gesang, den beteiligten Fröschen „übersetzt“.
Frösche haben Sexappeal in der Stimme.

Link:
MAG3