Sonntag, 7. August 2016, 23:03 - 1:00, Ö1

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KUNSTRADIO - RADIOKUNST



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„Sliced and Diced“ von Colin Black
Mitschnitt einer Live-Performance vom 19.6.2016

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Es ist das Risiko (und auch der Reiz) von Live-Sendungen, dass etwas schiefgeht. Bei der Radioperformance von Colin Black am 19. Juni 2016, ist dieser unglückliche Fall eingetreten, und die Performance war von einem digitalen Störgeräusch begleitet, das über eine weite Strecke der Sendung zu hören war. Wir spielen daher die – unbeschadete – Aufzeichnung dieser Performance und bedanken uns bei Colin Black und den Hörerinnen und Hörern für Ihr Verständnis.

„Wir leben heute im Zeitalter der partiellen Objekte, Ziegel sind in Teile zerschlagen, und Überreste… Wir glauben nicht mehr an die ursprüngliche Gesamtheit, die einst existierte, oder an eine endgültige Gesamtheit, die uns zu einem späteren Zeitpunkt erwartet.“ – Gilles Deleuze und Felix Guattari

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In dieser Live-Radioperformance befasst sich der Künstler Colin Black mit dem Thema “slice”, also Schnitt oder Scheibe, als Metapher für verschiedene kulturelle Aspekte, die zerschnitten und geteilt wurden: Kosteneinsparungen, die Spaltung der Gesellschaft, das Abschneiden von Transportrouten und die Fragmentierung der Gesellschaft. Dabei zerschneidet er Audioaufnahmen und berühmte musikalische Phrasen ebenso wie verschiedene Objekte aus Papier, Karton oder organischem Material. Gesprochene Phrasen wie „a slice of life“ (ein Stück vom Leben), “trimming the fat” (das Fett abschneiden) und “a slice of the action” (ein Stück vom Kuchen) werden durch das Geräusch rollender Würfel ausgelöst, um auf die Rolle des Zufalls bei der Formung einer individuellen Vorsehung hinzuweisen. Während William S. Burroughs behauptete, die Verwendung der Cut-up-Technik würde „Texte hervorbringen, die auf zukünftige Ereignisse verweisen“, will Colin Black mit seiner Performance darauf reflektieren und aufmerksam machen, wie scheinbar zufällige Begebenheiten gegenwärtige Ereignisse beeinflussen. Das Zerschneiden und Zerwürfeln von Soundkomponenten in kleinere Teile ist bei dieser Performance auch eine Metapher, die die Notwendigkeit veranschaulicht, dass die Gesellschaft Fragen der Ungleichheit eingehender und mit diversen Zugängen analysieren muss.

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Die Absicht des Künstlers ist es hier, dass jedwede Abstraktion oder Verschleierung der Soundelemente als symbolische Geste verstanden wird, als akustische Guy-Fawkes-Maske (Occupy Bewegung) und als künstlerischer Beitrag zum Lärm, den die 99 Prozent machen. Diese Live-Performance ist des Künstlers eigener, persönlicher Protest und Forderung, dass die Einzelteile nicht wieder so zusammengesetzt werden, wie sie einst waren, sondern zu einer neuen Gesamtheit, bei der nichts versteckt oder weggeschnippelt wird und, wie es der Zufall will, mit rauen Kanten komplett ist.