Sonntag, 28. Juni 2015, 23:03 - 23:59, Ö1

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KUNSTRADIO - RADIOKUNST






Teil 3: Environmental Dialogue

Pauline Oliveros (2015)


sound PLAY


Climactic Climate ist eine fünf-teilige Serie bestehend aus neuen Radiokunstarbeiten, die sich mit dem Thema des Wetterradios auseiandnersetzt. Zusammengestellt wurde Climatic Climate von der nicht-kommerziellen Künstlerorganisation Wave Farm, die sich mit der kreativen Nutzung von Medien und Radiowellen auseinandersetzt. U.A. betreibt Wave Farm ein artist-in-residency program und die freie Radiostation WGXC 90.7-FM in New York City.
Beteiligte Künstlerinnen: Quintron (New Orleans, USA); Mark Vernon (Glasgow, UK); Pauline Oliveros (New York, USA); Anna Ileggio (Los Angeles, USA); und Zach Poff (New York, USA).

Environmental Dialogue
Pauline Oliveros (2015)



Diese Radioversion wurde von Pauline Oliveros eigens für die von der Wave Farm kuratierte Sendereihe „Climactic Climate“ entwickelt.

Oliveros schreibt dazu:
„Ich höre dem Wetter gern zu – seinen Songs und Rhythmen. Manchmal kommt es vor, dass sich die Klänge des Wetters zu meinen Performances hinzugesellen. Auf einer Tour mit der Elaine Summers Dance and Film Company im Jahr 1981 führten wir in Neapel ein Tanzstück über den Wind auf. Das Ganze fand bei der Festung Castel dell’Ovo auf einem Platz im Freien statt. Ich begleitete den Tanz auf meinem Akkordeon und spielte dem Wind ähnliche Tonfolgen und Geräusche, wobei der tatsächlich wehende Wind immer stärker wurde – bald spürten wir die Sandkörner vom nahen Strand auf unserer Haut, bis uns schließlich die Intensität des wirbelnden und in Wogen über uns hinwegfegenden Sandes von der Bühne vertrieb und drinnen Schutz suchen ließ.

Ich war in Guelph (Ontario) für einen Soloauftritt mit meinem Akkordeon. Im Hotel sah ich tagsüber das größte Medienereignis der Geschichte: das Begräbnis von Prinzessin Diana. In Ontario hatten sich sogar Tausende von Menschen in einem Stadion versammelt, um dieses Ereignis zu verfolgen. Am Abend lud ich das zum Konzert erschienene Publikum ein, mich auf einer musikalischen Reise zu begleiten, bei der den Energien und der Ausstrahlungskraft von zwei außergewöhnlichen Frauen nachgespürt werden sollte – Prinzessin Diana und Mutter Theresa, die nur wenige Wochen vor Prinzessin Diana gestorben war. Der Ort der Veranstaltung – eine große anglikanische Kirche mit schönen Glasmalereifenstern und einer guten Resonanz – erschien mir als der passende Rahmen, um diesen starken Frauen Tribut zu zollen.

Gerade als ich dem Publikum meinen Aufführungsprozess erklärte und sagte „Ich muss immer alles hören und das, was ich höre, in mein Spiel einbeziehen“, war ein leises Donnergrollen zu vernehmen. Ein Seufzer ging durch das Publikum, und ich begann zu spielen. Mit einem Mal ließen zuckende Blitze die Buntglasfenster in wunderbar unregelmäßigen Rhythmen aufleuchten. Der Donner grollte und rollte. Es kam mir so vor, als ob ich mit Gottes Percussion- und Lichtshow spielte. Irgendwann gegen Mitte des Konzertes dröhnten zwei (nicht einer, sondern zwei) der lautesten Donnerschläge, die ich je gehört habe, direkt über der Kirche! Als sich meine 45-minütige Performance dem Ende näherte, begann auch der Sturm abzuflauen, bis er schließlich gleichzeitig mit mir aufhörte.

Am nächsten Tag las ich, dass zwei(!) Tornados durch die Stadt gefegt waren. Was für ein prächtiges Duett! In der Kritik des Konzertes wurde auch der Sturm erwähnt. Vielleicht hatten Prinzessin Diana und Mutter Theresa gesprochen.

Im Conservatorio di Musica Benedetto Marcello Venezia fand am 6. Februar 2015 während eines Sturms eine Aufführung meines Environmental Dialogue statt, an der 20 SpielerInnen vom Conservatorio und von der Venice Ca' Foscari [Universität Venedig] beteiligt waren. Die Mitwirkenden kamen aus unterschiedlichen Bereichen, vom Jazz über klassisches Instrumentalspiel bis zu Gesang, ein Mädchen im Alter von elf Jahren spielte Toy Piano, die Leitung hatten Paolo Zavagna vom Conservatorio und Daniele Goldoni von der Universität Venedig übernommen. Das schöne alte Gebäude, in dem sich das Conservatorio befindet, wurde vom Wind buchstäblich in Bewegung gesetzt, sodass die zuschlagenden Türen und Fenster einen faszinierenden perkussiven Teile des musikalischen Dialogs bildeten.“

Links:
https://wavefarm.org/ta/works/w2tttv