Sonntag, 18. Dezember 2011, 23:03 - 23:45, Ö1
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KUNSTRADIO - RADIOKUNST



Literatur als Radiokunst (kuratiert von Christiane Zintzen)

1) Wolfgang Helmhart: "le se I te ke le | Leesee Überquerung"
Technik: Robert Pawlecka (15:41)

2) Nora Gomringer: "RadioRodeo"
Technik: Martin Leitner (14:55)

3) Liesl Ujvary: „23 SINUSWELTEN“

in 5.1 Dolby Surround via OE1DD

Im neuen Teil der Reihe Literatur als Radiokunst werden im Wiener Funkhaus produzierte 5.1-Radiokunstarbeiten der Schriftsteller/innen Nora Gomringer und Wolfgang Helmhart präsentiert.

In wie hohem Masse die "Spielregel" der strikten Reduktion der Klangquelle auf die Stimme des Autors, der Autorin kreatives Potential freisetzt, erweist sich an der sportiven "Leesee-Überquerung" des Wiener Autors Wolfgang Helmhart sowie an der von Nora Gomringer als  "RadioRodeo" eingerichteten Talkshow, in welcher Gedichte allmählich zur Sprache kommen.

Wolfgang Helmhart führt Tätigkeiten wie Lesen und Schwimmen dort eng, wo es sich um ein Wettschwimmen bzw. Wettlesen handelt. Wo die Überquerung des Attersees dem fiktiven Ich ebenso Schnelligkeit und Stamina abverlangt, gilt dies nicht minder für die Durchquerung des von Helmhart trickreich gebauten Textes, der den Wörtern Silbenfolgen vorangehen lässt, welche lautlich die Worte antizipieren. So lautet der Titel des Stückes korrekt "le se I te ke le | Leesee Überquerung". Die Methode orientiert sich am psychologischen Phänomen des "priming" als einer dem Begreifen des Wortes förderlich vorangehenden perkussiven Lautfolge.

Nora Gomringer brachte für ihr "RadioRodeo" nicht nur ein Konvolut von Gedichten, sondern auch einen ausgeprägten Hang zum Improvisieren mit. Bald war klar, dass es einer Rahmenhandlung bedurfte: in der Fiktion einer Radio-Talkshow übernahm Gomringer sowohl die Rolle der Moderatorin als auch diejenige des Studiogastes. Peu à peu schieben sich Gedichte in den Dialog, gewinnen Oberhand, verebben, bis das "RadioRodeo" wieder zu den Protagonistinnen zurückkehrt und die dem radiophonen Show-Dialog inhärente – hier aber offen gelassene – Frage aufwirft, wer in einem solchen Format eigentlich wen reitet, die Moderatorin den Studiogast oder umgekehrt.

(Christiane Zintzen, Kuratorin)


A CASSETTE OF THIS PROGRAM CAN BE ORDERED FROM THE "ORF TONBANDDIENST"



Sophie Reyer


Wolfgang Helmhart

"le se I te ke le | Leesee Überquerung"

Technik: Robert Pawlecka (15:41)
Wolfgang Helmhart: Zur Produktion

„einige sätze prosa über die produktion, deren ausgangskonzept und was daraus während des produktionsprozesses ( einsprechen , mischen , gestalten ) daraus geworden ist
die erstmalige zusammenarbeit zwischen einem tonmeister und einem autor – das ist ein gegenseitiges abtasten – angebote machen/annehmen/ablehnen – nachfragen oder wünsche äußern/annehmen/ablehnen – da passiert schon sehr viel - da wird die konzeption festgelegt, noch bevor das wort ‚konzept‘ überhaupt ausgesprochen wurde – das ist wie mit dem friseur, wo ja auch die wichtigste entscheidung erstmal die auswahl des ladens, d.h. des mediums, ist – wenn dann die mikros stehen, der computer hochfährt, die zeit läuft – tut jede/r, was er/sie tut, so gut er/sie’s kann – 3 tage produktionszeit – 2x drüber schlafen – da bleibt nicht wirklich viel zeit zum nachdenken – und am schluss stellt man dann doch etwas überrascht fest, wie deutlich im endprodukt trotz aller hektik und diskussion die eigene künstlerische handschrift sichtbar wird (als hätte man sich selbst die haare geschnitten). vielleicht hat es ja was mit dem text und seiner form zu tun – vielleicht – ich glaube aber, dass ein künstlerisches werkstück das kommunikationsverhalten aller beteiligten widerspiegelt. ich für meinen teil habe nun also gute gründe aus künstlerischer sicht über mich und mein verhalten nachzudenken.“

(Wolfgang Helmhart)

Link:
Produktionsnotizen von Christiane Zintzen



SALZ und FARBE

Nora Gomringer:
"RadioRodeo"

Technik: Martin Leitner (14:55)
Nora Gomringer: Zur Produktion

„Mit Martin Leitner arbeiten zu dürfen ist ein Geschenk. Neben frischen Gartenfrüchten gibt es – wie meine Schweizer Kollegen besonders schöne akustische Erlebnisse beschreiben: Tomaten auf die Ohren. Zusammen haben wir Stunde um Stunde Aufnahmen gemacht, meine Texte durch verschiedene Mikrophone, Stimmen und Stimmungen geschickt und uns am Mischpult die Versatzstücke wieder zu Versen und Varianten gebaut. Ich habe noch nie über mehrere Tage in einem Studio verbracht. Das arbeitet am Gemüt, das nur noch hören will. Gut, wenn man dann Besuch erwartet und die ganze Abteilung, allen voran, die Initiatorin der Reihe, ein so reges Interesse am Geschaffenen trägt. Für mich war's eine Herausforderung, mich spontan einzulassen und doch nicht ohne Vorbereitung zu handeln. Ein Wagnis. Ein schönes.“

(Nora Gomringer)

Link:
Produktionsnotizen von Christiane Zintzen



Sound of the Big Bang

Liesl Ujvary:
„23 SINUSWELTEN“

23 SINUSWELTEN stellt einen Satz musikalischer Topoi vor, bestehend aus puristischen Sinustönen und Kombinationen von Sinustönen, in denen Schicht um Schicht eine mögliche akustische Parallelwelt zur Entfaltung kommt. SINUSWELTEN ist ein work in progress.

(Liesl Ujvary, Wien 2011)

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