Sonntag, 15. Mai 2011, 23:03 - 23:45, Ö1
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KUNSTRADIO - RADIOKUNST






„Kolonialwarenladen“

von Claudia Wegener/Radio Continental Drift


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Unter dem Namen Radio Continental Drift arbeitet die Künstlerin Claudia Wegener, „Kolonialwarenladen“ ihr zweites Hörstück fürs Kunstradio produziert. Wie auch schon vor einem Jahr, mit „Long Walk“, ist das Ausgangsmaterial in Afrika aufgenommen worden. Auf diesem Kontinent hat die in London lebende Künstlerin und Radioaktivistin eine Wahlheimat gefunden, wie sie sagt, wobei sie viel herumreist und mit lokalen Organisationen und Communitys Projekte umsetzt.

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Wegener über die Ankunft in Afrika

Um Storytelling und oral history, also das Erzählen von Geschichte anhand von Geschichten, geht es in Claudia Wegeners künstlerischer Arbeit. Geschichten werden immer aus bestimmten Perspektiven erzählt – Wegener will viele dieser Perspektiven sammeln und zu etwas Neuem verweben. Wo diese Perspektiven herkommen, dem kann man online nachspüren, denn das Soundmaterial, also Interviews und Aufnahmen von Alltagsgeräuschen, Gesängen und ähnlichem, archiviert Wegener im Internet.
2007 hat sie gemeinsam mit einem befreundeten Radiomacher in London mit dem Projekt „No Go Zones“ das Konzept des „slow broadcast“ entwickelt und es mit Jugendlichen aus der schwarzen Bevölkerung in die Praxis umgesetzt. „Slow broadcasting“ geht davon aus, dass all die freien Plattformen und Archive, die im Internet kostenlos verwendbar sind, benutzt werden können, um Medien zu produzieren.

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Wegener erklärt „Slow broadcast“

Das Geschichtenerzählen, das in Afrikanischen Kulturen eine lange Tradition und große Bedeutung hat, findet jetzt – im digitalen Zeitalter – neue Formen. Und Claudia Wegener will Wege zu diesen neuen Erzählformen eröffnen – etwa indem sie Workshops veranstaltet und ihr Wissen über die Verwendung von auditiven Medien weitergibt.

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Wegener sucht neue Formen

Es gilt, Alternativen dagegenzustellen und die Anzahl der Alternativen zu erhöhen, sagt Claudia Wegener. Ihre Aufnahmen stellt sie im Internet zur Verfügung und lädt Leute ein, es für neue Radiosendungen zu verwenden, Remixes zu machen und auf diese Weise neue Verbindungen herzustellen.

Das Stück „Kolonialwarenladen“ entstand aus Material, das sie in Afrika aufgenommen hatte, und zwar in Uganda, Kenia und Südafrika. Die interviewten Frauen sind meist mit Organisationen assoziiert, etwa mit den Radios Mamma FM in Uganda oder Pamoja FM in einem Slum in Nairobi. Für Claudia Wegener hatte sich – nach jahrelangen Auslandserfahrungen – die Frage nach der eigenen Herkunft gestellt. Wegener besuchte ihren Geburtsort Hamm in Nordrhein-Westfalen und spielte dort Frauen Ausschnitte aus Interviews mit afrikanischen Frauen vor. Reaktionen auf das Gehörte und sich daraus ergebende Gespräche über Afrika, was man davon weiß und was man alles nicht weiß, sind ebenfalls im „Kolonialwarenladen“ zu hören.

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Wegener über akustische Gegensätze in „Kolonialwarenladen“


Die Aufzeichnungen mit Frauen aus Uganda, Kenya und Süd Afrika sind im Internet archiviert und unter Creative Commons Lizenz publiziert; playlists können unter http://www.radiocontinentaldrift.wordpress.com eingesehen werden

Statement der Künstlerin:
„‘Fang an zu fragen, wo komme ich eigentlich her…?‘ Die Frage ist oft ein Ausgangspunkt in meiner Arbeit mit Organisationen, Gruppen und Künstlern in Afrika. Durch Aufzeichnungen von Unterhaltungen mit deutschen Frauen der Generation meiner Mutter, richte ich diese Frage nun auch an mich. Die Gespräche mit den deutschen Frauen entwickeln sich aus ihren Reaktionen und ‚Übersetzungen‘ zu einer Materialsammlung mit Auszügen von Aufnahmen Afrikanischer Frauen.

Der ‚Kolonialwarenladen‘, Gebrauch bzw. Missbrauch und Geschichte des Wortes wie auch persönliche Geschichten und Erinnerungen, die sich mit der Bezeichnung verknüpfen, sind ein Anfangspunkt in den Unterhaltungen. ‚Wir wissen sehr wenig…‘, ist oft die erste Reaktion auf die Frage nach ‚Afrika‘ in Deutschland (und anderen Europäischen Ländern). Mich interessiert hier aufzuspüren, wie sich das betonte Nichtwissen ‚dennoch‘ im Alltagsleben niederschlägt; was für Darstellungen findet das Vergessen ‚unserer Kolonien‘ in Erzählungen und Kindheitserinnerungen der Frauen in einem ‚Mutterland‘?“

Erzählerinnen:
Aber Khevine, Gulu, Uganda
Ameso Tabitha, Kampala, Uganda
Bewerley Webster, Durban, Südafrika
Claudia Wegener, London, UK
Faith KaManzi, Durban, Südafrika
Irmgard Fatheuer, Hamm, Deutschland
Irmgard Gorschlüter, Hamm, Deutschland
Ingrid Wegener, Hamm, Deutschland
Joyce Laker, Gulu, Uganda
L-ness (Lydia Akwabi), Nairobi, Kenia
Lucie Schade, Hamm, Deutschland
Makgotso Gulube, Johannesburg, Südafrika
Phumelele Ndlovu, Durban, Südafrika
Regina Amelio, Kampala, Uganda
Rosemarie Bürstenbinder, Hamm, Deutschland
Seane Leboue, Johannesburg, Südafrika
Uschi Lodde, Bochum, Deutschland

Mbira / song: Albert Sempeke, Kampala, Uganda
Maultrommel: Matshepo Motsoeneng, Newcastle, South Africa
“Safari” Song : Alfons & Ingrid Wegener
Zitat aus: John S. Mbiti, “African Religion and Philosophy”

Beiträge aus Durban wurde im Rahmen des Durban Sings Projektes produziert und publiziert:
http://www.durbansings.wordpress.com

Material:
cross-translations.pdf

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