SONNTAG, 9. August 2009, 23:03 - 23:45, Ö1
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KUNSTRADIO - RADIOKUNST




Listening Proposals – aus dem Pool der EBU Ars Acoustica Group


Foto von Sophie S: Johannes S. Sistermanns bei Aufnahmen im südaustralischen Outback für 'im klangrand'

 
„im klangrand“

von Johannes S. Sistermanns

eine Produktion von DeutschlandRadio Berlin, 2009
Erstsendung am 6. März 2009

Dauer: 48'30‘‘


A COPY OF THIS PROGRAM CAN BE ORDERED FROM THE "ORF TONBANDDIENST"


 

Die Komposition „im klangrand“ ist das Klangspielen mit Vorder- und Hintergrund, Hörschwelle, Übergang und Durchgang bis zur Randlage seines kosmischen Vorkommens im Weltall (Pulsaren). Rand ist innere Raumgrenze. Rand ist Horizont von Hörbarkeit. Und Klang, der an seinen porös werdenden, zerbrechenden Übergängen neue Mischungen kreiert: ein Spiel von Identität, Selbstbehauptung und immer neuen Klangdurchgängen.

Die Quellen dieser Momente, Situationen und Frequenzen liegen im australischen Outback, Rheintal, atlantischen Ozean Frankreichs, im sich hin und her bewegenden Blattwerk eines Maisfeldes im rheinischen Bornheim, in der Deutzer Rheinbrücke Kölns, finden sich auf dem New Yorker Times Square, in Alltagsdingen und täglichen Handlungen, Textrand, Stimmrand, weitläufigen Innenräumen, einem oberirdischen, chinesischen Fußgängertunnel zwischen pulsierender Hauptstraßen und im weitläufigen Bezirk des Himmelstempel in Peking.

Sistermanns komponiert mit Alltagsdingen und täglichen Handlungen, Texträndern, Stimmrändern, mit weitläufigen Innenräumen und nicht zuletzt mit den Klängen von Pulsaren. Diese weit entfernten Gestirne senden Radiowellen aus, die sich in hörbare Rauschsignale umsetzen lassen.

Bei der Verarbeitung seiner Aufnahmen verzichtet Sistermanns vollständig auf künstliche Hall- und Echoeffekte. Ein Teil seiner Komposition entsteht direkt im Aufnahmeprozess durch das räumliche Verhältnis von Mikrofon und Klangquelle.

Im Studio lässt Sistermanns diese Klänge dann porös werden, ausfransen, zerbrechen und sich zu neuen Mischungen zusammenfügen. So erzeugt er ein Spiel von Identität, Selbstbehauptung und immer neuen Klangdurchgängen.

"Das Erlebnis, das ich weiter sehen als hören kann, das klangproduzierende Alltagsgegenstände und Dinge sich geräuschlos vor meinen Augen und Ohren bewegen; und der Moment, wie zum Bild der Klang kommt, oder wie zum Alltagsgegenstand das Geräusch wieder zurückkommt;wo alles das in seiner akustischen Identität zu vibrieren beginnt: Diesen sich hier eröffnenden Hörraum thematisiert 'im klangrand'." (Johannes S. Sistermanns)


Assoziationen bei der Arbeit:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Hör-Perspektiven -  bis zum Klangrand

Klang: Identität Verschmelzung Neue Identität

1   
viele Details, klar umrissen, bestimmte Größen, unterschieden von Umgebendem, Raum-Position identifizierbar, Schichtungen hörbar, eindeutige Richtungen,

2
verlorene Nähe wird Weite, kein Umriss, keine Größe, indifferent zu allem Umgebenden, keine  CONTACT _Con-41472EC1381 Positionen identifizierbar, richtungslos,
neue Mischungen,
alle Details überlagern sich zu einer amorphen oder linearen Erscheinung,
Details werden Masse,
focussiertes Hören auf Details unmöglich,

3
nichts bleibt selbst im Diffusen anscheinend auf/an der gleichen Stelle,
nichts kreiert mehr den einen Klangort,
der hörbare Horizont ist nicht überschaubar,
Klang- und Hörort aufgeben,
Horizont, ein ineinander Fließen,

4
Rand ist momentan vor dem Verschwinden,
von dieser Seite aus gehört,
ist Horizont ein Durchgang in den jenseitigen Bezirk,
oder
von der anderen Seite, aus dem jenseitigen Bezirk kommend,
die Öffnung, das Nadelöhr, durch den der Klang auf uns zukommt,
mein Bild von Klang, der durch das Nadelöhr gegangen ist,
ein ständiges Changieren.

Pulsare
Natürlich gibt es oberhalb unserer Atmosphäre-Schicht nichts mehr zu hören, da dort keine Luft mehr ist zur akustischen Ausbreitung von Druckwellen. Die Radiowellen, die durch unsere Teleskope empfangen werden, sind keine Schallwellen, sondern elektromagnetische Wellen. So empfangene Wellen werden in den hörbaren Bereich transponiert und in Rausch-Signale umgesetzt. Es wurden Signale von Pulsaren-Formationen im Sternbild ‚Cygnus’ und aus dem Sternenhaufen ‚47 Tucanae’ im südlichen Sternenhimmel verarbeitet.

Aufnahmekomposition
In dieser Komposition ist kein künstlicher Hall, kein künstliches Echo verwendet.
Es klingen die Räume, Ränder und alle Mischungen  hiervon immer selbst. Damit das weit Entfernte auch weit entfernt in der Audio-Aufnahme klingt, ist die Spanne zwischen Aufnahmestandort/Mikrophonposition und der (entlegendsten) Klangquelle bereits in der Aufnahme zu realisieren, eben zu komponieren. Seit einiger Zeit spreche hier daher von Aufnahmekomposition. Keine Distanz innerhalb eines Raumes kann nachträglich und im Studio ohne Hall und Echo so realisiert werden.

(Johannes S. Sistermanns, Februar 2009)

Links:
Johannes S. Sistermanns
Deutschlandradio Kultur
Ars Acustica 

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