SONNTAG, 7. Dezember 2008, 23:05. - 23:45, Ö1

KUNSTRADIO - RADIOKUNST


 


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Mag das rührselige Lied der Bohème längst verklungen sein, bleibt die Existenz des Künstlers weiterhin prekär. Ebenso wirkungsvolle wie konträre Formen, dies unsentimental zur Sprache zu bringen, stellen zwei neue Arbeiten im Rahmen der Reihe LITERATUR ALS RADIOKUNST vor. Ilse Kilic und Fritz Widhalm, die seit zwei Jahrzehnten ein Lebens-, Kunst- und Verlagsprojekt ("Das fröhliche Wohnzimmer") erproben, nehmen den Begriff des "Schriftstellers" beim Wort und empfehlen diesen als Stell-Objekt fürs kultivierte Interieur: "Ergänzen Sie die Einrichtung Ihrer Wohnung mit einem Schriftsteller oder einer Schriftstellerin!" hebt das polyphon satirische Beratungsgespräch im "Schöner Wohnen"-Stil an. Der universal schöpferische Tiroler Forscher Bernard Kathan zieht dahingegen das messerscharfe montierte Zitat heran zur Instrumentierung des Elends der "Hungerkünstler". In diesem Fall ist es der für seine aberwitzige "Fälle und Fallen" postum zur Kultfigur avancierte Russe Daniil Charms (1905-1942), aus dessen Tagebüchern die Not in den verschiedensten Stimm(ungs)lagen spricht.

(Christiane Zintzen, Producerin)


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© Roland Albrecht

 

"Hungerkünstler"

von Bernhard Kathan


Text + Stimme: Bernhard Kathan, Ton: Ton : Michael Mangweth

"Das Projekt die Hungerkünstler ist als Installation in einer aufgelassenen Kirche konzipiert. Das  Innere dieser Kirche wurde durch Ausgrabungen zu einer Art Ruinenlandschaft zurückgebaut. Man blickt auf mittelalterliche Fundamente, die Reste von Gräbern hinab. Die neugotische Kanzel, sie hängt noch an der Wand, ließe sich besteigen, hätte man nur eine Aluleiter. Akustische Rauminstallationen leben entscheidend von der Inszenierung, von vorhandenen oder inszenierten Bildern. Das Radio verweigert solche Einflussnahmen auf mögliche Rezipienten. Im Studio sitzend dachte ich an gestresste alleinerziehende Mütter, an nächtliche Autobahnfahrer oder an Menschen vor Bildschirmen. Absicht war es, mit Hilfe elektroakustischer Möglichkeiten, so etwas wie eine Übersetzungsleistung in höchst unterschiedliche Raumsituationen zu übernehmen. Dabei war mir klar, dass dies nur eine Gratwanderung zwischen inhaltlicher Stringenz und vordergründigen Effekten sein kann; letzteres bemühte ich mich auf jeden Fall zu vermeiden."

( Bernhard Kathan )

 

Related Link:
Hungerkünstler @ HIDDEN MUSEUM
Produktionsnotitzen
Linkliste Bernhard Kathan

 

"Ergänzen Sie die Einrichtung Ihrer Wohnung mit einem Schriftsteller oder einer Schriftstellerin!"

von Ilse Kilic und Fritz Widhalm

wieviel und welchen platz haben schriftsteller und schriftstellerinnen in leben und wohnung moderner konsumentinnen und konsumenten ?
sind sie gebrauchsgut, bedarfsgut oder konsumgut ?
sind sie (an)drang, (ab)hang oder (zug)zwang, bewusstseinserweiternde droge oder der versuch, die wirklichkeit bewohnbar(er) zu machen ?
oder sind sie all dieses und noch viel jenes und überdies 13 minuten "literatur als radiokunst" ?

(Christiane Zintzen, Producerin)

Related Links:
Produktionsnotitzen
Linkliste Ilse Kilic
Linkliste Fritz Widhalm



 

“STOLPERMUSIK”

von Gundi Feyrer

Von der Obsession getrieben, alles mit allem zu verbinden und doch als es selbst stehen zu lassen, hatte ich anfangs versucht, aus den im Computer vorhandenen Musikkonserven “Tanzmusik” zu machen, bei der sich das jeweilige Musik-Clichée kurz aufbauen kann, um bald durch ein nächstes abgelöst zu werden, sich die Versatzstücke, Schnitteile überschneiden, sodass ihre Identifizierung, ihr “Charakter” uneindeutig wird. Genauso sollten die verschiedenen Rhythmen durch “Stolperer” verbunden sein, um nach zeitlich begrenzter Überlagerung einen sich zufällig ergebenden dominierenden Rhythmus anzunehmen, der aber bald wieder unter den nächsten “verschwindet”, etc. Im Lauf dieser Spielerei tauchten durch diese mehr oder weniger zufälligen Überlagerungen oder Schnittorgien Anklänge an “kleine Melodienbruchstücke” auf, denen ich schliesslich immer mehr nachgegangen bin, um sie in eine Form zu bringen, damit sie auch für sich stehen können.



 

„news from LQD-7 - #216“

von Maria Schubert

Stimmen: Franz Tomandl und Nina Strehlein

Das Projekt „prototyping LQD-7“ ist die Dokumentation einer Expedition zu dem bislang unbekannten Sonnensystem LQD-7. Bei einer Expedition fallen bekanntlich unterschiedlichste Daten und Gegenstände (Proben, Präparate, Videos, Animationen, Daten von Sonden, wissenschaftliche Texte, Tagebücher, ...) in sehr großer Zahl an.

Um dem interessierten Betrachter die Möglichkeit zu geben, sich einen Überblick über LQD-7 zu verschaffen, werden die Daten in einer Datenbank verwaltet und über das Internet zugänglich gemacht – über http://lqd-7.mur.at. Die Kunstradio-Reihe „news from LQD-7“ bringt nun Auszüge aus diesen Expeditionsdokumenten und damit Einblick in die seltsamen Welten von LQD-7.

Das Projekt der bildenden Künstlerin Maria Schubert ist auch eine Reflexion über die wissenschaftliche Berichterstattung bzw. das Dilemma einer hochspezialisierten Wissenschaft, deren Beweise vom Einzelnen nicht mehr durch eigene Erfahrung nachvollzogen werden können.

Statement von Maria Schubert

Link:
http://lqd-7.mur.at



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