SONNTAG, 9. Dezember 2007, 23:05. - 23:45, Ö1

KUNSTRADIO - RADIOKUNST



Literatur als Radiokunst (kuratiert von Christiane Zintzen)

» I: «Von Eriwan bis Samarkand» von Ulrich Schlotmann

» II: «Die Tür» von Daniel Wisser

in 5.1 Dolby Surround via OE1DD

Mit Ulrich Schlotmann und Daniel Wisser präsentiert die Reihe LITERATUR ALS RAIOKUNST im KUNSTRADIO zwei so stimmstarke wie unangepasste Temperamente der deutschsprachigen Literatur. "Von Eriwan bis Samarkand" lautet das anspielungsreiche Spektrum der Sender, durch welche Ulrich Schlotmann (*1962) die seit Jahren konsequent praktizierte erzählerische Grundkonstellation "Ein Mann ging in den Wald" manövriert. Im Splitting der Stimmen auf die fünf Surround-Kanäle, in Schwingungsüberlagerungen bis (fast) zur Resonanzkatastrophe geriete das Grobstoffliche des Sprechaktes schwer in die Nähe des Meta- Physischen - - - wäre da nicht Schlotmanns heimtückische Ironie. Der 1971 geborene, als Mitbegründer des "Ersten Wiener Heimorgelorchesters" und Verleger ("Der Pudel") profilierte Autor Daniel Wisser ist literarisch ein unkonventioneller Formalist und Praktiker einer sonderbar melancholischen Ironie. Wissers klägliche Liebesromanze "Die Tür" sprengt das Klischee eines einsinnig fliessenden Bewusstseinsstroms in die verschiedenen Register ( = Sound-Kanäle ) des Pathetischen und Banalen, des Traumhaften und Allzu- Wirklichen auf. Beide Hörstücke dieser LITERATUR ALS RADIOKUNST stellen damit Hör- und Denkgewohnheiten in Frage.

(Christiane Zintzen, Producerin)


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"Von Eriwan bis Samarkand"

von Ulrich Schlotmann

"Literatur als Radiokunst" sollte sich an sich ja auch immer mit dem Medium an sich auseinandersetzen. Deshalb habe ich das Röhrenradio als Beginn einer Entwicklung gewählt, an deren Ende das Internet mit seiner Tendenz steht, Alles und Jedes zusammenzubringen und zu vermischen. Auf der innerlichen Ebene Textes wird dies durch Anklänge an verschiedene Ideologien - an die Romantik beispielsweise oder den ZEN- Buddhismus - repräsentiert.
Formal habe ich dann versucht, die 5.1.-Technik des Tonstudios insofern zu nutzen, als dass ich jedem der fünf zur Verfügung stehenden Kanäle je eine eigene Sprechlinie zugeordnet habe, welche die Tonmeisterin dann mit einer eigenen Charakteristik versehen hat, so dass sie auch in der Stereo-Version gut zu identifizieren sein werden. Kombiniert werden diese Linien dann mittels harter Schnitte. So entsteht aus disparaten Splittern wieder so etwas wie ein Ganzes.

(Ulrich Schlotmann)

Statement des Künstlers

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Produktionsnotizen


 

"Die Tür"

von Daniel Wisser

Das Langgedicht "Die Tür" beschäftigt sich wie schon mein Roman "Dopplegasse 8" mit dem Monolog in Form eines Inneren Monologs, in welchem Erzählen, Halluzinieren und verschiedene andere Formen ineinander greifen. Bei der radiophonen Umsetzung ergab sich die Möglichkeit, verschiedene Hörräume zu zitieren, die mit bekannten Situationen des Hörens zu tun haben, zum Beispiel mit allem, was Handys betrifft oder Mikrophone, Aufsprechtexte oder das Anhören von Leerkassetten - also Audiolehrgängen auf Musikkassetten oder CDs. Und indem diese Räume zitiert wurden, konnte man den Monolog aus kleinen Räumen zusammensetzen und radiohon nutzen.

(Daniel Wisser)

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