SONNTAG, 27. Mai 2007, 23:05. - 23:45, Ö1
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KUNSTRADIO - RADIOKUNST



 

In Kooperation mit dem Festival „Under Construction“:

Maxime de la Rochefoucauld


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Der kanadische Künstler Maxime de la Rochefoucauld spielte am 29. Mai 2007 anlässlich der Wiener Festwochen-Schiene "Under Construction" im RadioKulturhaus in Wien. Für Kunstradio erstellte er gemeinsam mit Ernst Reitermayer einen Radiomix seiner Klangperformance. Aufgenommen wurde die Arbeit in de la Rochefoucaulds provisorischem Atelier in Wien-Wieden, wo er sein Automaten-Orchester in Vorbereitung auf den Auftritt baute und stimmte.

Sein Orchester aus einem Dutzend selbstgebastelten Automaten bedient Maxime de la Rochefoucauld per Fernsteuerung: tieffrequentige Schallwellen versetzen Lautsprecher-Membrane in Schwingungen, wodurch Schlägel oder Geigenbögen mechanisch auf die Instrumente einwirken. Die Musik ist daher Resultat von Tönen, die für das menschliche Gehör nicht wahrnehmbar sind.

Der Künstler nennt dies das Ki-System: Ki, das im Chinesischen für Energie steht, sei eine Analogie zur Funktionsweise des Orchesters. Vorprogrammierte Energie wird in Klang übersetzt, wobei das akustische Resultat dieses Prozesses vom Zufall bestimmt ist. Prägende Parameter sind sowohl räumliche Gegebenheiten, wie die Positionierung und Distanz der Automaten, als auch die verwendeten Werkstoffe. Von der Tradition der Musik-Maschinen weicht die Arbeit insofern ab, als die Musik nicht durch zirkuläre Mechanismen entsteht, sondern durch abstrakte, elektromagnetische Energie.

Maxime de la Rochefoucauld

Obgleich die unhörbaren Frequenzen vorprogrammiert sind, ist die Klangperformance doch organisch und live. Mit dem Spiel durch Menschenhand will de la Rochefoucauld nicht in Konkurrenz treten, wie er betont: "Das System ist sehr sensibel. Es funktioniert nicht auf binären Codes, sondern ist organisch. Genau das gefällt mir: dass die Stücke sich verändern, je nachdem, wo sie aufgeführt werden."

Maxime de la Rochefoucauld

Seine Automaten baut Maxime de la Rochefoucauld aus vor Ort gefundenen Materialien und Musikinstrumenten. In Wien kamen etwa eine Doppelliter-Weinflasche und eine von den Symphonikern geliehene Violine zum Einsatz. Der Künstler sieht sich nicht als Erfinder, der neue Instrumente oder akustische Phänomene erschafft, vielmehr eignet er sich die Grundlagen der Akustik an und setzt sie mit seinen Automaten praktisch um.

Maxime de la Rochefoucauld

Maxime de la Rochefoucauld hat sich bereits während seines Kunststudiums mit kinetischen Objekten beschäftigt, und mit dem Ki-System sei ihm gelungen Musik und Plastik zu verbinden. Eine skulpturale Qualität ist den eigentümlichen Instrumenten nicht abzusprechen, doch spielt auch hier der Zufall eine Rolle: die Form wird durch die klangliche Eigenschaft eines Objektes bestimmt.

Bei Live-Auftritten kommt es gelegentlich zu einer Untergrabung des Systems, wenn de la Rochfoucauld mit der Trompete oder dem Piano zu den Rhythmen des Ki-Orchesters improvisiert.

Maxime de la Rochefoucauld

Als Erfinder des Systems habe er das Recht, es zu pervertieren, denn schließlich gehe es ihm nicht um die strikte Einhaltung der Vorgaben. Seine Rolle sieht er dabei als die eines schamanistischen Dirigenten, Komponisten und Orchestermitglieds zur gleichen Zeit.



Related Links:

http://www.festwochen.at/index.php?id=74&L=0
http://www.cam.org/~maxime/



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