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Aus aller Welt sind die Wiener, die in der Wohnumgebung von Robert Adrian X leben und arbeiten. Ein Grieche betreibt die örtliche Trafik, das Reifengeschäft gegenüber gehört einem Kroaten, es gibt einen Chinesischen Gastronomen und ein Nigerianischen Zeitungsverkäufer, und ein weiteres Geschäft in der Straße wird von einem Punjabi und einer Französin betrieben. Stimmen dieser Menschen, die in ihren Muttersprachen von 1 bis 20 zählen, versammelt das Hörstück „Zählen“. Während jeder Begriff und jede Wortfolge von Sprache zu Sprache (und innerhalb einer Sprachgruppe auch von Dialekt zu Dialekt) unterschiedliche Bedeutungen transportieren, scheinen Zahlen und Ziffern weltweit das gleiche zu kommunizieren. Die Aufnahmen machten Adrian X und Leitner im Arbeitsumfeld der Teilnehmer, wodurch der akustische Hintergrund in das Hörstück eingewoben wird. Nicht mehr als ein Dutzend Leute wurden einzeln aufgenommen, doch die Überlagerung ihrer Stimmen schwillt bisweilen zu einem monumental wirkenden Chor an. Zur Dramaturgie des Stückes sagt Robert Adrian X: Der gebürtige Kanadier übersiedelte – nach einem mehrjährigen Aufenthalt in London – Anfang der 1970er Jahre nach Wien. Damals war die Gegend, in der er heute lebt und arbeitet und wo sich zahlreiche Galerien angesiedelt haben, ein kulturelles Brachland. Trotz der unmittelbaren Nähe zur Wiener Innenstadt – die Staatsoper etwa ist in 10 Minuten zu Fuß zu erreichen – erlebte der Bezirk Wieden erst in den letzten zehn Jahren einen Aufschwung. Diese Entwicklung beschreibt Robert Adrian X als Yuppifizierung. „Früher waren die Mieten hier sehr moderat, und jetzt ist es ein überaus schickes Viertel geworden. Dass das so spät passiert ist, ist wohl ungewöhnlich, denn wir befinden uns hier genau am Rand der Innenstadt. Die Wohnung und mein Atelier haben wird 1973 bezogen, als hier noch keine U-Bahn gebaut war. Das alles war eine einzige Baustelle. Es war laut, staubig, die Häuser abbruchreif – nicht gerade begehrenswert, damals.“ (Robert Adrian X) Wie in Toronto, wo Adrian X aufgewachsen ist, ist Wien eine Stadt der Durchreisenden und der Immigranten, die sich schnell anpassen. Wien sei, so der Künstler, eine Stadt der Ausländer, ihrer Kulturen und ihrer Sprachen. Das Hörstück „Zählen“ ist eine Würdigung dieser Babylonischen Sprachverwirrung. Ob es ein politisches Werk sei? Zweifellos, sagt der Künstler: Robert Adrian X hat diese Radioarbeit konzipiert und in Zusammenarbeit mit dem Tontechniker Martin Leitner umgesetzt. Anlass ist sowohl das 20-Jahre-Kunstradio-Jubiläum, als auch die aktuelle Ausstellung in der Galerie Grita Insam (12. Mai bis 23. Juni 2007) in Wien. Die dort gezeigten Werke, bildnerische / konzeptuelle Arbeiten von den 1970er Jahren bis heute, zeigen – ergänzt durch das neue Hörstück – einen Ausschnitt aus dem vielfältigen Schaffen von Robert Adrian X. Der Künstler, der 1995 die Website kunstradio.at mitbegründete, gilt heute als Pionier der Telekommunikationskunst, zu der er auch die Radiokunst zählt. Die Radiokunst begreift er als skulpturale Kunstform: “Der Radio-Raum ist für mich ein skulpturaler Raum: Radio-Raum ist dort, wo die Menschen Radio hören. Ich arbeite mit dem Wissen, dass die Zuhörer eine eigene, individuelle Version dessen entwickeln, was ich produziert habe. Darüber habe ich keine Kontrolle, und das macht es für mich interessant.“ (Robert Adrian X) In den Räumen der Galerie Grita Insam gibt es am 24. Mai 2007 um 19 Uhr ein Replay des Hörstückes Zählen.
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