SONNTAG, 29. Oktober 2006, 23:05. - 23:45, Ö1

KUNSTRADIO - RADIOKUNST



 

EAR APPEAL (Teil 1)
- ein Schwerpunkt zur gleichnamigen Ausstellung in der Kunsthalle Exnergasse, Wien

» I. KANON

» II. SUNDIAL BARCELONA

» III. CACEROLADA

» IV. THE SOUND OF THE WAR ON THE POOR

Die aktuelle Ausstellung der Kunsthalle Exnergasse in Wien, "Ear Appeal", untersucht Strategien für die Konstruktion von kapitalistischer Gesellschaft durch Sound: Der uns umgebende Klang hat einen weitaus unmittelbareren Einfluß auf das tägliche Handeln als eine suggestive Bildproduktion. Klangfelder definieren sowohl ökonomische, soziale als auch politische Territorien.

Ausgehend von der Fragestellung "Wie wird individuelles Verhalten durch Sound kontrolliert?" verhandeln die zehn internationalen künstlerischen Positionen sowohl Kontrolle als auch Raumproduktion durch Sound. Wenn Sound im öffentlichen und sozialen Raum das Thema einer Ausstellung ist, dann kann sie nicht nur im Innenraum stattfinden - Forschungsarbeit, Außenraumaktivitäten, Kooperationen vor Ort erweitern den Ausstellungsraum in die Stadt, die das Material liefert.
Als Erweiterung des Ausstellungsraums in den Äther ist auch der "Ear Appeal"-Schwerpunkt bei Ö1 Kunstradio zu betrachten. An drei Sendeterminen werden Radiostücke von an der Ausstellung teilnehmenden KünstlerInnen präsentiert, die in radiophoner Weise die Thematik aufgreifen und speziell für diesen Anlass erarbeitet wurden.

"Ear Appeal" ist keine Klangkunst-Ausstellung, sondern eine Annäherung an Sound als Material für eine konzeptuelle und analytische Befragung und untersucht die Art und Weise, wie durch Klang Raum definiert und Kontrolle ausgeübt wird.

Aufgrund der Überlegung, dass Wien hören in Wien redundant und etwas langweilig erscheinen könnte, entschied der britische, im niederländischen Den Haague lebende Künstler Justin Bennett, stattdessen zwei radiophone Aufnahmen aus Barcelona zu präsentieren: "Sundial Barcelona“ und "Cacerolada“. In der Kunsthalle Exnergasse ist auch seine neue Arbeit "Sundial Wien" zu hören.

Der Beitrag "Surveying the Future" von Ultra-red geht unter anderen Parametern vom Standort Wien aus: die Beziehung zwischen Sound und sozialen Strukturen auf akustischer Ebene wird weniger nach der akustisch-ökologischen Spezifik einer umgebenden Soundscape befragt, als dass Ultra-red vielmehr eine analytische Recherche von Sozialgefügen durch Sound erstellt.

Related Links:
"Ear Appeal" Teil 2

"Ear Appeal" Teil 3
Kunsthalle Exnergasse


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Stills: Video DVD, 1:40 Min. Kanon, 2006

 

Kanon

von Annette Weisser


Kanon basiert auf dem bekannten Kinderlied C-A-F-F-E-E trink´ nicht so viel Caffee von Carl Gottlieb Hering. Annette Weisser hat den Text ersetzt durch die Zeile We know what we are by what we are not, auf welche sie in einem Zeitschriftenbeitrag über den sogenannten „Clash of Cultures“ gestossen ist. Die Künstlerin singt bzw. pfeift sämtliche Stimmen des Kanons.

Aufgenommen im Studio 3 des ORF-Funkhauses in der Argentinierstrasse in Wien, im Sommer 2006.


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SUNDIAL BARCELONA

aufgenommen am 10.5.2003
von Justin Bennett


"Sundial“ umfasst eine Reihe von Arbeiten, die den Tagesrhythmus einer jeweils bestimmten Stadt analysieren. Dafür macht Bennett im Zeitraum von 24 Stunden und in regelmäßigen Abständen Soundaufnahmen an einem gleichbleibenden Ort. Diese Aufnahmen werden dann so geschnitten, dass sie ein kurzes Stück (8 bis 12 Minuten) ergeben, das einen Tagesablauf von Mitternacht bis Mitternacht akustisch nachzeichnet.
Die alltäglichen Rhythmen und Dynamiken werden dadurch auf einige wenige Minuten komprimiert, wobei der Hörer / die Hörerin im Zentrum dieses Geschehens steht. Und obwohl Sonne und Schatten fehlen, kann man akustisch dennoch wahrnehmen, wie sich die Welt gemäß eines Tages- / Nachtrhythmus verändert.

"Sundial Barcelona" wurde am Dach eines Gebäudes im Stadtzentrum aufgenommen, von wo auch die Aufnahme für "Cacerolada" stammt.




CACEROLADA

aufgenommen am 19.3.2003
von Justin Bennett


Eine Cacerolada ist eine lärmende Demonstration, die auf Küchenutensilien als Schlaginstrumente zurückgreift.
Im März und April 2003, als der Irakkrieg vor der Tür stand, fanden sowohl organisierte als auch spontane Caceroladas in Barcelona statt. Zu hören ist hier eine davon, aufgenommen hoch über den Dächern der Innenstadt. Es kamen nicht nur Küchenutensilien zum Einsatz, sondern auch Trommeln, Ölfässer, Pfeifen, Hörner, Sirenen und Stimmen. Freunde erzählten, dass sich diese Cacerolada bis weit in die Vorstadt hineinzog.
Diese Aufnahme von sich verändernden Rhythmen und Klangebenen dokumentiert ein hochgradig demokratisches Ereignis voller Zorn und Hoffnung. Diese Ereignisse, die den Widerspruch feierten, waren nur ein Punkt auf einem tragischen Weg, der mit der Bombenlegung in Atocha, dem Fall der Aznar-Regierung und dem endgültigen Rückzug der Spanischen Truppen aus dem Irak endete.

Diese Arbeit ist der Zusammenschnitt einer insgesamt 45 Minuten langen Aufnahme.


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THE SOUND OF THE WAR ON THE POOR

von Ultra-red / Manuela Bojadžijev und Dont Rhine


Am 21. Oktober 2006 luden die Ultra-red Mitglieder Manuela Bojadžijev (Berlin) und Dont Rhine (Los Angeles) im Rahmen der Ausstellung Ear Appeal zum "Encuentro" in die Kunsthalle Exnergasse. Es versammelten sich ForscherInnen, AktivistInnen, KünstlerInnen und Ultra-red stellte die Frage: "What is the sound of the war on the poor in Vienna?" Unter denen, die die Frage beantworteten, fanden sich Tania Martini, Roland Atzmüller, Jakob Weingartner und Fahim Amir. Tania begleitete Ultra-red auf einem Gang durch die Passagen der Shoppingmall Lugner City, während Roland die beiden Sound-KünstlerInnen entlang des Gürtels führte, den er als eine Grenze zwischen der armen und der wohlhabenderen Bevölkerung von Wien beschrieb. Jakob stellte Ultra-red den Brunnenmarkt vor, ein herausragender Ort für migrantische Communities, Kunstprojekte und Fantasien von Stadtentwicklern. Ein fünfter Befragter, Dieter Behr, lud Ultra-red zum Flüchtlingsprojekt Ute Bock in den Zweiten Bezirk ein. Wie können solche Beratungs- und Wohltätigkeitsprojekte, die auf die Bedürfnisse von Armen, Flüchtlinge und Migranten treffen, zu einer weiteren Bewegung der Befreiung beitragen, anstatt auf die Armen als Objekte der Wohlfahrt zu blicken? Ist Wien seiner Repräsentation als einer saturierten Stadt treu, einer Stadt, in der soziale Disparität fortschreitend durch wohlfahrtstaatlichen Ideale aufgelöst wird? Oder wird Armut in einem stillen Krieg an der Grenze kapitalistischer Entwicklung unsichtbar gemacht? Was ist der Sound des Krieges gegen die Armen?
Solche Fragen traten beim "Encuentro" auf und rahmten Ultra-reds allgemeineres Interesse an einer Militanten Sound Untersuchung der Armutspolitiken in Wien.

Ultra-red hat für Kunstradio Aufnahmen des "Encuentros" mit Field Recordings und Footage aus Wien zu einer Radioarbeit "THE SOUND OF THE WAR ON THE POOR" verflochten und arrangiert.

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