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Anläßlich des musikprotokolls 06 beim steirischen herbst in Graz präsentiert Kunstradio nicht, wie geplant, die neue Arbeit des spanischen Elektronikmusikers Francisco López „untitled 10/2006“ (seine Teilnahme wurde aus Gesundheitsgründen kurzfristig abgesagt), dafür seinen 1997 veröffentlichten und immer noch höchst außergewöhnlichen Soundscape des lateinamerikanischen Regenwaldes „La Selva“. Der aus Madrid stammende Biologieprofessor betreibt seit Anfang
der 1980er Jahre auf sehr unorthodoxe Weise Soundstudien und hat
in den letzten 25 Jahren ein erstaunliches, sehr persönliches, geradezu
ikonoklastisches akustisches Universum geschaffen. Im Mittelpunkt
seines Interesses als Musiker und Soundforscher steht der pure Klang,
wobei in der Behandlung der Materie keinerlei Unterscheidungen zwischen
industriellen „Zivilisationsgeräuschen“ und den Klangkulissen unberührter
Natur gemacht werden. Seine Musik der Drones, bei dem sich organische und industrielle Sounds überlappen, impliziert meist auch einen bewußtseinserweiternden Zustand, der imaginäre Bilder von "exotischen" Orten evoziert. Seine Arbeiten können als eine assoziative Klangreisen in fremde Regionen gelesen werden – als radikale Erweiterung musikalischer Eindrücke und als Brückenschlag zwischen sehr alten und sehr modernen sozialen und natürlichen Verhältnissen. Francisco López' bevorzugte Soundquellen stellen u.a. seine regelmäßig abgehaltenen Forschungsreisen in die Regenwälder Lateinamerikas dar. Er hat sich darauf spezialisiert, mittels Fieldrecordings die „archäologischen" Sounds von Insekten und Mikroorganismen, von Stadttopografien, Medien und Psychogeografien zu Tage zu fördern. Eine Aufnahme eines „neotropischen“ Regenwalds in Costa Rica ist zu hören, strukturiert wie ein fortlaufender, ungebrochener Tagesablauf. Mit „La Selva“ taucht López vollends in diesen ein und bringt mit seinen Klangflächen eine scheinbar endlose Abfolge an bemerkenswerten akustischen Eindrücken zu Gehör: die einzelnen Klangmomente werden in einem mühelosen Fluß erlebt und bilden so eine kohärente und doch abwechslungsreiche akustische Reise voller subtiler Zwischentöne und Beziehungen, die sich einem bei genauem, konzentrierten Hinhören entfalten. López beschreibt die „Klangräume“ des schrumpfenden Regenwalds folgendermaßen: Zur 1997 auf CD veröffentlichten Aufnahme von „La Selva“ verfasste der Soundtheoretiker López auch einen längeren Essay. Bezeichnenderweise war dieser versiegelt und mit der Empfehlung des Autors versehen, es auch dabei zu belassen. Im Text erläutert López seinen philosophischen Ansatz und seine Herangehensweise für die Aufnahmen; eine detaillierte Liste der Klangquellen sowie zeitlich-räumliche Informationen zu den Aufnahmeorten rundet das Ganze ab. López scheint hier im Zwiespalt zwischen Theoretiker / Forscher und Künstler zu stehen, da er fürchtet, dass dieses theoretische Wissen das „Echte“, das „Unbearbeitete, Rohe“ der Arbeit beeinträchtigen könnte und zweifellos das Hörerlebnis beeinflussen würde, was diametral zu seiner Forderung (als Künstler) des konzentrierten Hörens eines reinen Klanges steht: Link musikprotokoll: |
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