Wie in allen ihren Arbeiten widmet Isabella Bordoni der kompositorischen Beziehung zwischen Wort und Klang große Aufmerksamkeit. In ihrer Live-Performance im digitalen Hörspielstudio RP4 lässt sie sowohl akustisch als auch visuell ein poetisches Ambiente entstehen, in dem die in italienischer Sprache rezitierende Stimme mit der Originalstimme Ingeborg Bachmanns verwoben wird, wodurch Verweise und Resonanzen zwischen den Sprachen und Stimmen wahrnehmbar werden.
Die Inszenierung aus Licht-, Dia- und Videoprojektionen bildet einen sichtbaren immateriellen Raum für die Live Poetry-Performance.
Reflexion in vier Punkten
1_Seit geraumer Zeit überschreite ich in meiner Arbeit Wort- und
Klanghorizonte, um poetische, akustische und visuelle Räume zu schaffen und
zu gestalten.
Seit geraumer Zeit vernehme ich die philosophische Gedankenwelt, die in der
Dichtung zum Ausdruck kommt und
seit geraumer Zeit schaue ich mit lyrischem Blick zurück auf die Kindheit.
Schon das Wort Kindheit bedeutet einen Aufschrei. Der Schrei ist
irreparabel, wie es scheint, und die Geschichte wiederholt ihn immer wieder.
2_Was mich interessiert, ist das Überschreiten, der Übergang.
3_ Ingeborg Bachmann wurde in einem Grenzgebiet geboren, in Südkärnten, im
Jahr 1926.
Wenige Jahre nach dem Ende des ersten Weltkrieges erlebt Ingeborg 1938 als
Jugendliche den Anschluss und 1939 den Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges
mit. Gerade den Einmarsch der Hitlertruppen in Klagenfurt, der Stadt, in der
sie geboren wurde und aufgewachsen ist, bezeichnet sie selbst, Jahre später,
als das "Ende ihrer Kindheit".
4_ Von diesem Ende und von diesem Übergang handelt "Andante
con figure"
Die Grenze wird poetisch als Ort des Übergangs verstanden, nicht nur
räumlich, sondern auch in Bezug auf die Zeit und die Art und Weise der
Veränderungen.
Die Grenze kommt im Werk Ingeborg Bachmanns immer wieder vor und steht
metaphorisch für Risse oder für Krankheit.
"Andante con figure" führt in eine akustische Welt, in der der klangliche
Lebensraum, der die Maßeinheit darstellt, ein Krankenhauszimmer ist. Es ist
jedoch ein Raum, der sich zu anderen Welten hin öffnet, nicht
klaustrophobisch, sondern paradoxerweise ein Fluchtpunkt, ein Ort der
Vorbereitung auf den Flug.
Hier sind Worte und Sprache, und jugendliche Gesichter erscheinen, um diesen
Raum zu bewohnen. Es sind Gesichter, die uns gespannt anschauen und uns
insbesondere sagen, dass Beständigkeit und Übergang Erfahrungen sind, die
untrennbar miteinander verbunden sind.
Dieses Projekt wurde von Ö1 Kunstradio in Zusammenarbeit mit dem Verein Ingeborg Bachmann und mit Unterstützung des Italienischen Kulturinstituts realisiert.
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