SONNTAG, 11. Juli 2006, 23:05. - 23:45, Ö1

KUNSTRADIO - RADIOKUNST




Literatur als Radiokunst (kuratiert von Christiane Zintzen)

» I: Echos. Quelle

» II: kritische wälder

in 5.1 Dolby Surround via OE1DD

"Mit Barbara Köhler und Ulf Stolterfoht präsentiert die seit sieben Jahren das Potential der ver-dichtenden Stimme auslotende Reihe LITERATUR ALS RADIOKUNST zwei markante Temperamente der deutschen Literatur. Beide Texte wurden speziell für das KUNSTRADIO und im Hinblick auf die Produktion in 5.1-Kanal-Technik für Surround Sound geschaffen; beide betreiben Medien-Archäologie: Mit ihrem von antiker Epik und Mythologie inspirierten Sprechgesang "Echos. Quelle" sucht Barbara Köhler die Wurzeln der reproduzierend-reproduzierten Stimme. Die Nymphe Echo, von den Göttern der Stimme beraubt und verflucht zum Wiederholen fremden Sprechens, vereint demnach die Funktionen von Mikrophon und Lautsprecher, Empfänger und Sender. Das technische Zeitalter ersetzt die Götter durch Apparaturen, um das Meer der Frequenzen zu bändigen. Aus dem Laboratorium akustischer Experimente und Sende-Fachsprachen wuchern Ulf Stolterfohts "kritische wälder" als Wort-Wechsel der Diskurse."

(Christiane Zintzen, Kuratorin)


A CASSETTE OF THIS PROGRAM CAN BE ORDERED FROM THE "ORF TONBANDDIENST"


 

Echos. Quelle

von Barbara Köhler

"Eine alte Geschichte, wiederholt, nacherzählt, aktualisiert: der Mythos von Echo und Narziss als eine Basisgeschichte von Medialisierung (als Trennung der Körper von Stimme und Bild), eine Geschichte von Wiederholung und Spiegelung, Variation und Reflexion, Begehren und Befremden – der ideale Stoff für ein Medium, das der Stimme Raum gibt, in dem sie sich körperlos bewegen kann, springen, wandern, tanzen, Volumen annehmen und verlieren kann, in völlig abstrakten oder simuliert konkreten Räumen, in der Nähe, der Ferne, im Gespräch, im Gegenüber, im Verein mit den Möglichkeiten der Studiotechnik: wiederholend und variierend, spiegelnd und reflektierend, eine weibliche Stimme, eine Geschichte von ihr und von ihm, eine Genderstory, Beziehungsweise, eine alte Geschichte."

(Barbara Köhler)


[TOP]



kritische wälder

von Ulf Stolterfoht

Die "kritischen wälder" verdanken ihren ziemlich krausen Bewuchs der Unfähigkeit ihres Autors, sich für ein einziges Themenfeld entscheiden zu können. So spielen eben der Wald und die Jägerei eine wichtige Rolle, von den Rändern drängen aber immer wieder Radio- und
Aufnahmetechnik, naive Akustik, archaischer Rock u.v.a.m. ins Zentrum - ein klassischer Mischwald halt. Was für die akustische Umsetzung zur Folge hatte, daß Martin Leitner und ich auch vor billigen, das heißt: mimetischen bis illustrativen Effekten nicht zurückschreckten - ganz im Gegenteil, wenn's denn der silvatischen Sache dienlich war und die disparaten Teile dadurch irgendwie im Zaum gehalten werden konnten. Oder - um mit Oskar Pastior, dem virtuosen Radiotechniker zu schließen: "sage, du habest es rauschen gehört"!

(Ulf Stolterfoht)


[TOP]


PROGRAM
CALENDAR