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PLATZGUMER / NEIDHART
BIOMETRISCHE FREIHEIT

Text: Didi Neidhart mit Hans Platzgumer
Musik: Hans Platzgumer
Sprecher: Peter Matic / Marian Schönwiese
Produziert von Hans Platzgumer / Son Montuno / ORF, 2004/05 mit Johann Groisz
Aufnahmetechnik: Martin Leitner und Rainer Kaiser

BIOMETRIK

Karl-Heinz Stockhausen sagt: „Wir sind ein ganzes System periodischer Rhythmen im Körper. Es gibt viele überlagerte Periodizitäten, von sehr schnellen bis zu sehr langsamen. Und die erzeugen dann zusammen eine sehr polyrhythmische Musik im Körper.“

Musik und Körper bedingen sich wechselseitig und durchdringen sich als fragmentierte Codesysteme, die sich immer wieder neu zu mannigfaltigen Gebilden zusammenfinden.
Das Rauschen im Hirn ist der Polyrhythmus des Körpers. Nerven schlagen Funken. Der Herzschlag ist die Diktatur des Blutes. Die esoterische Variante davon nennt sich beatfreie Musik. Der polyrhythmische Körper ohne Beats strukturiert sich um Phantombeats, die wie Phantomschmerzen funktionieren. Oder wie schwarze Löcher. Was jenseits des Herzschlages ist kann der Körper nicht mehr nachvollziehen. Jenseits des Herzschlages ist dort, wo das polyrhythmische Hirnrauschen Körper neu zusammensetzt.
Die biometrische Musik generiert sich aus dem Körper in den Körper zurück. Body 2 Body.

RE-MEMBER / WIEDER MITGLIED 1

Sammy Davis, Jr. singt: “Please Remember Me When I’m Gone.”
Eddy Wilson singt „Dankeschen, Bitteschen, Wiedersehn.“
Die Platters singen: „Remember When I First Met You.“
Dazu Lacan: Die Wiedererinnerung ist die „vollständige Wiederherstellung der Geschichte des Subjekts“ als „Annahme dieser Geschichte durch das Subjekt“, wobei „die Realisierung seiner Geschichte durch das Subjekt in ihrer Relation zu seiner Zukunft“ erfolgt. „Das worum es geht, ist weniger, sich der Geschichte zu erinnern, als sie noch einmal zu schreiben.“
Sich also in die Geschichte zurück lesen. Oder besser: Zurück kriechen in sie. In die Vergangenheit. In diese große Bibliothek, in der laut Robert Anton Wilson das meiste Fiktion ist.

STUNDE NULL 1 (POWER ON TO ZERO HOUR)

Ja, Wilson:
„Ein Mann mit einer Uhr weiß, wie spät es ist. Ein Mann mit zwei Uhren ist nie ganz sicher.“

Wie spät ist es eigentlich vor der Stunde Null? Und für wen war es fünf vor Zwölf? Haben wir High Noon oder Mitternacht? Gibt es Schokolade erst nach der Stunde Null?

Bernward Vesper bezeichnet Zigaretten als „Zeitmesser“. Von Chesterfield zu Lucky Strike – Biographische Notizen im Kalten Krieg. Tabak-Doppelbeschluss. Erst im Italo-Western wird wirklich geraucht. Wer Cowboy und Indianer spielt raucht sich friedlich ein. Soldaten rauchen in Feuerpausen. Feuerpausen sind Rauchpausen.

RE-MEMBER / WIEDER MITGLIED 2

Wenn Legenden zu Fakten werden, werden Legenden als Fakten gebracht. Wer erschoss noch mal Liberty Valance?

"Die Wahrheit ist ein Irrtum, der nicht mehr abgewiesen werden kann, weil er durch eine lange Geschichte hartgesotten wurde", so Foucault im Zwiegespräch mit Nietzsche.
Elvis sagt: "I forgot to remember to forget you."
Zizek sagt: „Was sich selbst wiederholt, ist jenes Scheitern, jene Unmöglichkeit, das Trauma richtig zu wiederholen, zu erinnern.”

Angst essen Seele auf. Schon vor Freud vermutet H.P. Lovecraft, dass „das Unterbewusstsein eine störende Lücke mit Pseudo-Erinnerungen zu füllen versucht und dadurch seltsame Phantastereien auslöst.“

Das Unbewusste als das Vorbewusste. Halluzinierte Pseudo-Erinnerungen stopfen was aus der Geschichte rausgefallen ist. Auch für die Ägypter gab es das Rätsel der Pyramiden. Hat das Hegel gesagt? Oder Kant? Jeder abwesende Beat ist ein Phantomschmerz. Im Reggae werden Pausen nicht Breaks genannt, sondern „Space“. Audiohalluzinierte Pseudo-Echos ursprungsloser Phantomsounds generieren die Musik der gefalteten Räume. Jenseits der vierten Dimension is the place to be.

INDIVIDUELLE BIOMETRISCHE MERKMALE:

SOUL ENGINEERING

Das Subjekt orientiert sich durch den Klang, das Ohr ist der Kompass. Hören schafft Sicherheit. Verhören produziert Kunst. Laut Lacan ist das Ohr im Feld des Unbewussten die einzige Öffnung, die nicht zu schließen ist.
Mit der Erfindung der Stereophonie beginnt die akustische Dezentrierung des Subjekts. Zuvor: die Abschaffung des autonom schaffenden Genies. Für Edgar Varèse schon ist der Musiker der Zukunft gar kein Musiker, sondern ein „Arbeiter mit Rhythmen, Frequenzen und Intensitäten“. Für Stalin bestand die Aufgabe von Künstlern darin, „Ingenieure der menschlichen Seele“ zu sein.
Es ist nicht alles so einfach.

Biometrische Musik ist Körpermusik jenseits menschlichen Ausdrucks und sentimentaler Gefühlsduseligkeit. Ist das Bewusstsein frei von Expressivität und Sentiment, spielt die Musik automatisch von selbst. Automatenmusik ist Körpermusik. Philosophie der elektronischen Wahrnehmung: Ich höre mir beim Hören zu. Philosophie der biometrischen Musik: Den eigenen Körper beim Hören hören als aurale, sonische Entführung in den eigenen Körper und Kopf. Wird der Kopf dabei zu schwer und bildet sich zuviel ein, stolpert er über den Körper. Musik als rhythzomatische und maschinelle Lebensform stolpert zurück und befreit den Körper von Expressivität und Sentiment. Es ist die Dialektik der elektronischen Musik: Der Körper verschwindet im Klangteppich, der Kopf materialisiert sich in der Beatbox.

VOGELFREI

Es gibt im Leben Augenblicke, da die Frage, ob man anders denken kann, als man denkt, und anders wahrnehmen kann, als man sieht, zum Weiterschauen und Weiterdenken unentbehrlich ist.

Die wahre Quantenphysik ist im Kopf und ihren Refrain singen das Duo Deleuze & Guattari: “Denken heißt immer experimentieren!”
Wer den Bogen nicht überspannt, findet sein Hirn nie in Bergnot.
Deplazierte Gedanken zwingen zu geistigem Freigängertum.

Stunde Null: Hubert Fichtes “Herauskippen aus bewusster Identifikation“ ist ohne Gedächtnis und Gewissen nicht vorstellbar. Dabei immer überlesen - das „Wissen“ in „Gewissen“. Wie bei „Erinnerung“, wo ein „Innen“ drinnen steckt. Schlechtes Gewissen ist ein Bekennerbrief der Moral nach erfolgreicher Geiselnahme des Wissens.
Nur wenn die Jungen singen wie die falschen Alten dreht sich die Welt.

LOOKING FOR FREEDOM IN THE WRONG PLACES

Die Ununterscheidbarkeit von Realem und Imaginärem, von Gegenwärtigem und Vergangenem, von Aktuellem und Virtuellem ist das objektive Merkmal gewisser existierender Bilder, die von Natur aus doppelt sind.

Jede Diaspora gründet sich gleichermaßen auf Freiheiten wie auf Zwänge, die ihrerseits wiederum die Seiten und Rollen tauschen können. Freiheit macht arm, Zwang macht reich. Good Old Hollywood, Bahnhofsvorplätze und Fußgängerzonen erzählen davon.
Es ist die Subversion der B-Liga: Innerhalb eines Genres die Genregesetze brechen. Krimis als Western verkaufen, Disco als Punk mit Fummel, Musicals als Film-Noir in Farbe. Körperdisziplin disziplinierter Körper versus Schwerelosigkeit befreiter Körper. Gene Kelly versus Fred Astaire. Robin Hood als Royalist gegen sich als Vogelfreier.
Elend als Freiheit verklärt. Ohne Baumwollfelder kein Blues, ohne Rassentrennung kein Soul, ohne Ghetto kein Jazz, ohne Arbeitslosigkeit kein Punkrock.

Der Zwang zur Freiheit verursacht ein Magengeschwür. Be free! Sei eine Nulllohnrunde, sei eine Gewinnwarnung, sei eine Negativprogression, sein ein Nulldefizit, sein ein Nullwachstum! „Du hast die freie Wahl, unter der Bedingung, dass du die richtige Wahl triffst.“
„Die wirklich freie Wahl ist eine Wahl, bei der ich nicht einfach zwischen zwei oder mehreren Alternativen innerhalb eines festgelegten Sets von Koordinaten wähle, sondern ich entscheide mich dafür, dieses Set von Koordinaten selbst zu ändern. Formale Freiheit ist die Freiheit der Wahl innerhalb der Koordinaten existierender Machtverhältnisse, während die >wirkliche< Freiheit den Ort einer Intervention bezeichnet, der eben diese Koordinaten unterminiert. Die wahren Akte der Freiheit sind Entscheidungen, die wir treffen ohne uns dessen bewusst zu sein – wir entscheiden nie in der Gegenwart, sondern wir stellen lediglich plötzlich fest, dass wir uns bereits entschieden haben.“
Überschlafen.
Einsichten, nachdem wir zuvor schon von ihnen geträumt haben.
Und kein Missverständnis schließt das Verständnis aus.

BODIES

The Politics of Dancing kennen nur ein Ziel: die Auflösung von Festkörpern! „Den Körper als konstruierten Körper zu denken verlangt, die Bedeutung der Konstruktion selbst neu zu denken.“

Körper haben nicht nur Gewicht, sie können auch umarrangiert werden – Version und Remix. Check & recheck everything. Davon nicht ausgenommen: Die Idee einer biometrischen Kunst überhaupt. Einschub: Bedeutet Biometrie in letzter Konsequenz nicht auch Kontrolle, Überwachung, biometrische Fingerabdrücke, erkennungsdienliche Erfassungen, Groove-Datenbanken von Asylanten? Merken!

PLATZKARTEN & DUTY FREE-PEOPLE

Übersetzt man „Dis-placed Persons“ eigentlich mit „Deplatzierte Personen“? Was, wenn sich Menschen in der Diaspora als „dis-placed“ begreifen, aber als „de-plaziert“ erfahren? Tante Jolesch sagt: „Abreisen sind immer überstürzt.“
Übermütig antwortet darauf der Zizek-Leser: „Jeder revolutionäre Ausbruch gründet auf einer Ausnahme, auf einer Kurzschließung des >zu spät< und des >zu früh<.“

Was passiert, passiert in einem Dazwischen, passiert ein Dazwischen. Leben im Transit. Flanieren bis die Polizei kommt. Globale Nomadologie als absolute Grenzenlosigkeit des flüssigen Kapitals.
So funktioniert die Politik der Endgültigkeiten: Übertreten, zertreten, löschen, tilgen, ausradieren. In the Name of Love die Bombe zünden. Für Freiheit einmarschieren. Freedom Operations. Damals und Jetzt.

„Man hat sich um den Anderen so sehr und so gut gesorgt, dass das Gesicht des Anderen am Ende das Gesicht des Feindes ausradiert hat.“ (Alain Finkielkraut)

BODY & BRAIN

Kodwo Eshun sagt: „Der Körper ist ein verteiltes Hirn.“ Durch elektronische Musik „beginnt deine Haut, das zu empfinden, was deine Ohren nicht mitbekommen.“

Soundscape, Landscape, Bodyscape, Mindscape, laut Zizek hören wir letztlich Dinge, "weil wir nicht alles sehen können."
Das Halbdunkel schärft das Gehör. Ein alter Trick im Horrorfilm: “Was ich höre, will Kontakt mit mir aufnehmen.”
Anders gesagt: Don’t Call Us – We Call You!

WO „ES“ IST / WO IST „ES“

Das „Ich“ als Widerstandsbewegung. Das „Ich“ als Staat, als Nation, als Volk.

Wir unterscheiden den Psychotiker, der verwirft, den Perversen, der verleugnet, und den Neurotiker, der verdrängt.
Die Verdrängung und die Rückkehr des Verdrängten in ihrer ewigen Spirale. „Was verdrängt wird, ist aber nicht die Erinnerung, sondern die Phantasie, die sich von jener herleitet oder sie verstärkt. Der Verdrängungsvorgang ist nicht nur auf der Ebene des Inhalts der Phantasie, sondern in der Bewegung selbst zu verstehen, in der die Phantasie entsteht.“ (Laplanche)

Fluchtlinien und Pseudo-Erinnerungen also. Deleuze und Lovecraft beim Kaffeeplausch. Vor der Fluchtlinie steht ein Ursprung. Der Ursprung, verstanden als erster Sprung, kann immer nur ein weg, ein fort von einem Ort hin zu einem – oder zwischen einem – anderen Ort bedeuten. Wer also nach dem Ursprung sucht, findet am "historischen Anfang der Dinge nicht die immer noch bewahrte Identität (eines) Ursprungs sondern die Unstimmigkeit des Anderen." (Nietzsche)

Der Andere, das ist der Mythos.
Und der Mythos ist laut Zizek das Reale des Logos: der fremde Eindringling, den man nicht mehr los wird, der aber auch nicht ganz dazu gehört.

HIDDEN CHARMS

Gilles Deleuze sagt: „Ein Körper kann alles mögliche sein – er kann ein Tier sein, ein Klangkörper, er kann eine Seele oder eine Idee sein, er kann ein Textcorpus sein, ein sozialer Körper, ein Kollektiv sein.“
Der Körper als Utopie einer Philosophie, die „den nicht geformten, nicht organisierten, nicht geschichteten oder den entschichteten Körper und alles, was auf einem solchen Körper zirkuliert“ fordert.
Dieser Körper als Maschine produziert biometrische Maschinenmusik mittels Musikmaschinen. Und wo bleibt dabei der Mensch? Fragen sie den Kabelträger!

Der Mensch als Maschine und der Körper als Maschine wie die Musikmaschine sind per se dysfunktionale Maschinen. Darin liegen ihre Potentiale.
Läuft eine Maschine wie geschmiert ist sie per definitionem defekt. „Stottert und stammelt“ sie, ist sie perfekt und entgeht damit auch der biometrischen Kontrolle. A Human’s Soundtrack ist der Klangkörper eines nicht identifizierbaren Transformers. Biometrische Fingerabdrücke können nur als Loops kontrolliert und überwacht werden. Luftmaschen ausgenommen. Ausnahmen bestätigen nun mal die Regel, besagt eine unbestätigte Regel.
„Der Zufall hat im Rhizom keine andere Bedeutung als die einer Instanz, welche die Erwartung wohlgeordneten Funktionierens, wie sie einer phantasmatischen, aus Erinnerungsbildern rekonstruierten Geschichte zugrunde liegt, enttäuscht.“ (Villani)

„Der Maschinist befindet sich selbst innerhalb der Maschine.“ Das ist das Melodram und die Utopie bei Deleuze - dass das Unbewusste als Maschine nicht vom Unbewussten der Maschine zu trennen ist.
„Deleuze und Guattari vergleichen das Unbewusste mit einer Maschine, aber sie tun dies nur insoweit, als die Maschine selbst mit dem ihr eigenen Unbewussten konfrontiert wird. Was dann zum Vorschein kommt, ist weder ein psychischer Automatismus noch eine robuste Stahlkonstruktion, noch ein bloßer Algorithmus, sondern eine weiche Organisation von heterogenen, materiellen und körperlichen Fragmenten, die gemäß eines merkwürdigen Ideals des Kaputten zusammen funktionieren: Maschinen des Unbewussten, die mit dem Unbewussten der Maschinen in Verbindung stehen.“

SPEICHERPLÄTZE

Im Zug gefundene Zeitungen und was darin steht: “MATTERHORN IST AFRIKANISCH! Bern: Die Spitze des Matterhorns besteht aus afrikanischen Gesteinen und Meeresablagerungen. Der Grund für diese Tatsache liegt 45 Millionen Jahre zurück. Mit dem Aufeinanderprallen der afrikanischen und der europäischen Kontinentalplatten begann die Faltung der Alpen. Aufgetürmt wurden dabei auch Sedimente und Vulkangesteine der afrikanischen Kontinentalplatte. Dies hat in der Region Zermatt Spuren hinterlassen.“

Geschichte und Geographie – Wenn schon Berge aus Bastardgesteinen bestehen, was soll dann eine nationale Einheit? Jeder nationale Schulterschluss ist Politik als Gefühl. Jegliche Politik der Gefühle ist zweifelhaft. Jeder Storch im Burgenland kommt aus Afrika und kein Storch im Burgenland ist illegal. Auch kein Stein in der Schweiz ist illegal. Tierrechte und Naturrechte kennen keine Abschiebepraxen. For Men Only steht am Eingang zur “Deportations-Klasse” im Flieger. Es gibt Menschen, die fühlen sich nie de-platziert. Wie Soldaten in einem fremden Land. Rauchpause.

STUNDE NULL 3

Gegen Ende von “Alice im Wunderland” steht die Frage:
„Ob ich am Ende heute Nacht ausgewechselt worden bin? Also, wie steht es damit - war ich heute Morgen beim Aufstehen noch dieselbe? Mir ist es doch fast, als wäre ich mir da ein wenig anders vorgekommen. Aber wenn ich nicht mehr dieselbe bin, muss ich mich doch fragen: Wer in aller Welt bin ich denn dann? Das sagt mir erst einmal, und wenn es mir gefällt, wer ich bin, dann komme ich herauf; aber wenn nicht, bleibe ich hier unten, bis ich jemand anders bin.“

In “Wahnsinn und Gesellschaft” nennt Foucault “Die Ordnung der Dinge” eine „Geschichte des Anderen, dessen, was für eine Zivilisation gleichzeitig innerhalb und außerhalb steht, also auszuschließen ist (um die innere Gefahr zu bannen), aber indem man es einschließt (um seine Andersartigkeit zu reduzieren).“

Das Andere ist das Andere des Gleichen, das sich als Gleiches durch den Ausschluss des Anderen konstituiert.
Die Stunde Null im Wunderland.

FUTURE-MACHINES

Verhaltensbiometrie

Die kleinste reale Einheit ist laut Deleuze die Verkettung.

Das eigentliche Problem lautet nicht: „Wie, wenn überhaupt, könnten Maschinen den menschlichen Geist nachahmen?“, sondern, wie Slavoj Zizek betont: „Wie beruht ebenjene Identität des menschlichen Geistes auf äußerlichen mechanischen Zusätzen?“

„Wie inkorporiert er Maschinen?“

Ich bin keine Maschine, aber ich mache Maschinen. Die biometrische Musik rematerialisiert den Körper durch Musikmaschinen. Deleuze spricht davon, die menschliche Körperorganisation aufzulösen. Kodwo Eshun assistiert und schreibt: „Anstatt den Körper zu entkörperlichen, intensiviert ihn der digitale Breakbeat auf einer Ebene, die man leichter spüren als erklären kann.“

Das neue Fleisch ist eine denkende und tanzende polymorphe Rhythzomaschine. Ganz Ohr, ganz Hirn, ganz Klang. Im biometrischen Soundtrack erkennt sich der Körper als akustisch gespiegelt und nimmt sich als sein eigenes Dilirium wahr.

Frage an Sun Ra: „What is the power of your machine?“
Antwort von Sun Ra: “Music.”

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Enthält Zitate von:
Karl-Heinz Stockhausen
Gilles Deleuze (Ü: Bernd Schwibs, Gustav Roßler, Gabriele Ricke & Ronald Voullié)
Félix Guattari (Ü: Gabriele Ricke & Ronald Voullié)
Jacques Lacan (Ü: Nikolaus G. Schneider, Gabriella Burkhart)
Dylan Evans (Ü: Gabriella Burkhart)
Robert Anton Wilson (Ü: Dieter A. Hagenbach)
Bernward Vesper
Michel Foucault (Ü: Walter Seitter, Ulrich Raulff)
Friedrich Nietzsche
Slavoj Zizek (Ü: Nikolaus G. Schneider,
H.P. Lovecraft (Ü: Rudolf Hermstein)
Edgar Varèse (Ü: Dietmar Dath)
Kodwo Eshun (Ü: Dietmar Dath)
Hubert Fichte
Candace West & Don Zimmerman (Ü: Corinna Genschel, Caren Lay, Nancy Wagenknecht, Volker Woltersdorff)
Friedrich Torberg
Alain Finkielkraut (Ü: Hans-Joachim Maass)
Georg Seesslen
Hans Blumenberg
Arnauld Villani (Ü: Clemens-Carl Härle)
Henning Schmidgen
Lewis Carroll (Ü: Christian Enzensberger)


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