Schwerpunkt der Ö1 Sendereihe "Nebenan"
ist im November Rumänien. Im Hinblick darauf hat Ö1 Kunstradio
den rumänischen Künstler und Kurator Matei Bejenaru für
die Gestaltung einer Sendung eingeladen, der – als Vertreter einer
gut vernetzten, umtriebigen und innovativen Künstlergeneretion
– grosses Interesse hat, mit verschiedenen Medien und Öffentlichkeiten
zu arbeiten.
Für Kunstradio wurden im Wiener Funkhaus drei Stücke
produziert, die den spezifischen politischen, gesellschaftlichen wie
künstlerischen Kontext reflektieren, in dessen Rahmen sie entstanden
sind. Zugleich sind diese Stücke Teil einer Reihe von "Speaking
Performances", die Bejenaru bislang allerdings immer vor Publikum
(und oft über mehrere Stunden hinweg) aufgeführt hat.
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Kronen Zeitung
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Der Standard
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Die Presse
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Kurier
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"i"
Als Ausgangsmaterial für dieses Stück diente der Politikteil
vier grosser österreichischer Tageszeitungen zwei Tage vor den
Nationalratswahlen. Bezugnehmend auf das "i" in Politik, legte
der Künstler eine sprachliche Matrix über die Texte, die ein
Mix aus politischen Kommentaren wie sachlicher Berichterstattung sind.
In Anlehnung an wissenschaftliche Studien oder statistische Methoden
sollte diese Folie als objektives "Messinstrument" bei einer Analyse
der Texte funktionieren. Ob die Häufigkeit des Vokals auf die Dichte
oder gar Qualität der Texte schliessen lässt?
Das Resultat ist ein sehr minimalistisches, wenn auch zugleich dichtes
Stück, dessen Rhythmus vom Textmaterial abhängt.
Live im Studio RP1, ORF Funkhaus, 22. 11. 2002
"Verzweiflung"
PLAY
Ein Assoziationsfeld bestehend aus rund 200 Wörtern,
die der Künstler dem Begriff der Verzweiflung zugeordnet und
vorgelesen hat.
A Metamorphosis of Speaking
PLAY
"You know everything is possible, everything if I'll
tell you how I feel. Outside somebody is waiting for us."
In diesem Stück kulminiert das Experiment mit der Sprache
sozusagen in der extremen Verdichtung. Durch die scheinbar endlose
Wiederholung dieses Satzes wird die poetisch-optimistische Aussage
allerdings nicht verstärkt oder betont, sondern mittels Loops,
Überlagerungen und delays in einem akustischen "weissen Rauschen"
aufgelöst.
Kassiber - Der Jingle
PLAY
Die drei Soundjingles von Mona Hahn und Robert Buchschwenter
sind Teil des Kunstprojekts "Kassiber" von Andrea van der Straeten:
In Form von Plakaten, Postkarten und eben diesen Radiojingles wurde
der steirische herbst, der heuer unter dem Motto des 'Fremdkörpers'
stand, beworben.
"Kassiber" bedeutet "versteckte Botschaft", ist subversiv.
Und um eben solche textliche Fremdkörper an die Öffentlichkeit
zu transportieren wurden diese Werbe-Medien von der Künstlerin
auch benutzt.
Mit dem Prinzip der Kodierung und Dekodierung von Botschaften,
dem 'Schmuggeln' von Texten als Fremdkörpern in größeren
Textkörpern oder auch in textbezogenen Aktionen, versucht "Kassiber"
das Binom 'Produktion - Konsum', das der französische Theoretiker
Michel de Certeau äquivalent setzt zu 'Schrift - Lektüre',
seiner gesellschaftlichen Zuordnung in Aktiv und Passiv zu entheben.
Künstlerische Produktion heißt in diesem Sinne 'Lesen'
im urbanen, kulturellen und politischen Kontext mit der Option, den
ein oder andren Satz 'umzuschreiben'. Damit greift Kassiber Taktiken
auf, die von einer politisch motivierten Kommunikationsguerilla entwickelt
wurden, und die zunehmend auch in künstlerische Strategien wieder
Eingang finden.
(Andrea van der Straeten)
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