von Petra Ganglbauer

Dieses Hörstück ist der 2.Teil einer Trilogie, die mit dislocation, 1998 begonnen hat. Während es in dislocation um das Spannungsfeld aus Ruralität und Urbanität ging, befaßt sich diffusion mit Identitäts-Splittern, Fragmenten, Unschärferelationen, Brüchen und Kippunkten im privaten wie im öffentlichen Raum.

Ich verwende gesammeltes Wortmaterial (Dialoge im privaten Bereich, Interviews, Rezitationen literarischer Beiträge, Telefonstimmenaufnahmen) und Geräuschkulissen. Als solche haben sich in erster Linie Aufnahmen einer Sylvesterfeier 1999/2000, bei der sich wiederum Privaträume und öffentliche Seh-und Hörräume vermischen (ein Wohnzimmer mit feiernden Personen/Radio- und Fernsehgeräusche sowie Böllerschüsse im Freien) sowie Vogelstimmen, die in ihrer exemplarischen Qualität jeweils eine bestimmte Empfindungsqualität verkörpern sollen, angeboten.

Für den Sprachteil habe ich - an der Schwelle zum 3.Jahrtausend - befreundete Künstlermenschen befragt.

Ausgangsorte für die Überlegungen, Reflexionen und Diskurse, die Teil der Befragungen waren, sind die Begriffe:

Traum
Wunsch
Bilanz
Furcht
Sinn
Hoffnung
Zweifel
Zukunft

Die Personen antworteten assoziativ, einige mit philosophischen Versuchen, andere lakonisch, wieder andere poetisch.

Die Resultate sind sehr unterschiedlich geraten. Ich greife sie ganz oder in Teilen heraus, mische sie neu, vermenge sie zu neuen Konstellationen. So geraten subjektives und objektive Überlegungen aneinander, persönliche Vorstellungen berühren sich mit axiomatischen Wendungen, offene Fragen wechseln mit Assoziationsteppichen.

Das Stück operiert mit inhaltlichen Koinzidenzen, Divergenzen, mit Verdichtung und Konkretrisierungen und nachfolgenden Abflachungen, Auflösungen. Was bleibt, sind differente Ansätze zum Thema Identität. Anrisse. Fragezeichen. Kreisende Gedanken. Diffusionen.

Die befragten Künstlermenschen, denen ich für ihre Mitarbeit herzlich danken möchte, sind (in alfabetischer Reihenfolge): Beverly Piersol, Peter Herzig, Ritsuko Herzig, Gertrude Moser-Wagner, Josef Ondracek, Peter Pessl und Elisabeth Wörndl.

Im Internet gestalten die beiden Künstler/innen Astrid Becksteiner und Klaus Pamminger ihre Sicht von diffusion. Mit Astrid Becksteiner arbeite ich auch an einem gleichnamigen Videofilm zum selben Thema.

Die Engstelle aus der Polarität zwischen Stadt und Land, wie sie in dislocatioN spürbar war, weicht nunmehr einer großflächigeren Irritation:

Wir im Kollektiv an der Schwelle der Jahrtausendwende und quasi verdoppelt jede/r für sich an den stets wiederkehrenden Schwellen und Zäsurstellen seines privaten Lebens.

Scheinbare Anworten begleiten uns. Sich wiederholende Fragen. Vor-und Rückblenden. Zerstreuungen.

Teil 3 dieser Trilogie über die Existenz wird ein Stück namens Direction sein. Nach aller Irritation wird es wieder zurück verweisen, ins Zentrum, in jeden Menschen selbst: bei und für und in sich selbst.