KUNSTRADIO



"Ein Nachtwort"

Naturlautgedicht


von Georg Jappe

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- 39'30"

A CASSETTE OF THIS PROGRAM CAN BE ORDERED FROM THE "ORF TONBANDDIENST"
Dieses Stück ist auf einer KUNSTRADIO-CD erhältlich:
"Von früh bis spät" & "Ein Nachwort"
"Ein Nachtwort" führt uns auf eine akustische Entdeckungsreise in eine der letzten sprachlichen und kulturellen Enklaven Europas: in einem 400-Seelen-Dorf in den südlichsten Dolomiten hat sich das Cimbrische, der im deutschsprachigen Raum wohl älteste noch gesprochene Dialekt erhalten. Das Cimbrische ist fast 1000 Jahre alt und wird von Sprachwissenschaftlern irgendwo zwischen dem Alt-und Mittelhochdeutschen geortet. Einen "ketzerischen" Mythos weiß sich die Dorfbevölkerung zu erzählen: "Alle Dinge konnten sprechen und sich einmischen bis zum Konzil von Trient. Da aber haben sie alle Dinge geweiht, und seitdem sprechen die Steine nicht mehr, die Gräser nicht und auch nicht das Vieh...."
Auf Cimbrisch hat sich Georg Jappe von diesem Ereignis, das die Beziehungen zwischen Natur und Mensch für immer verändern sollte, berichten lassen. Diese und andere sprachlichen O-Ton-Aufzeichnungen (Rotkäppchen auf Cimbrisch, die Geschichte des Ursprungs dieser Sprache, u. a.) bilden zusammen mit Naturlauten und Geräuschen aus der unmittelbaren Klangumwelt des Dorfes das Ausgangsmaterial für das Naturlautgedicht "Ein Nachtwort", wobei der Autor den Naturtönen ("Tiersprache" oder Geräusche der Wälder und des Windes, etc.) und der menschlichen Kommunikation gleichen Wert zuschreibt und gleiche Beachtung schenkt. Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Schleiereule zu: Als weise Kircheneule "der Weihung durch das Konzil der Gegenreformation entkommen" (G.Jappe), symbolisiert sie Ketzertum. Ihre im Lautgedicht wiedergegebenen Schreie könnten - so der Autor - als unheimliche Prophezeiungen eines Zeitalters entschlüsselt werden, in dem die Dinge und Wesen der Natur für immer zum Verstummen gebracht werden.


1995 Calendar 2