KUNSTRADIO


I. "Borges and I"


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von Hans Joachim Roedlius


II. "Hey Ricci, how're you doing?"
Ein TRANSIT-Projekt von Ricci Bock


I.
"Borges and I"

von
Hans Joachim Roedlius


Eingeflochten in diese elektroakustische Collage von Hans-Joachim Roedelius ist ein Gedicht des bereits verstorbenen argentinischen Autors Louis Borges, das er selbst als "Prahlerei des Gleichmuts" bezeichnet hat. Fasziniert von der "Borges'schen-Wortmagle" will Roedelius, Komponist und Pionier der elektronischen Musik, seine erstmals im ORF-KUNSTRADIO präsentierte Collage als Versuch verstanden wissen, "ein akustisches Äquivalent" zum Gedicht des "Meisters kunstvoller Bedeutungslabyrinthe" zu schaffen, bzw. ..."jenen Zustand musikalisch adäquat zu beschreiben, in welchen ich beim Studieren bestimmter Borges-Texte selbst geriet." Das atmosphärische Klangbild der Komposition entspricht der literarischen Botschaft von Louis Borges. "Prahlerei des Gleichmuts": "Das Gedicht erzählt sehr viel über den Menschen Borges", sagt Roedelius. Einer, der damit "prahlen" kann, die "Ehrgeizigen", die "Vaterlandsliebenden", die "Gierigen" aus der Distanz des Staunens, des Nicht-Verstehens, des Außenseiters zu betrachten: "Lautlos wie ein Schatten durchquere ich die Herde ihrer Gier",..."sie sind einzig, sie verdienen den Morgen"/ "Sie sprechen von Menschlichkeit" - "Stimmen des gleichen Elends: Sie sprechen von Vaterland" - "Mein Vaterland ist ein Gitarrenakkord ... "/"Mein Nahme ist Jemand und Jeglicher .... ".

Das aus O-Ton-Samples und anderen Fragmenten komponierte Werk von Hans-Joachim Roedelius war ursprünglich als Begleitmusik zum Theaterstück "Borges and I" gedacht. Es war es jedoch niemals zur Aufführung gelangt. Schuld daran war die Absage des im Rahmen der Wiener Festwochen 93 geplanten Theaterstücks.


II.
"Hey Ricci, how are you doing?"

von
Ricci Bock.


Eine Radioarbeit im Rahmen voneinem vom BMUK, Land Tirol und dem ORF-Landesstudio Tirol unterstütztem Verein zur Forderung und Realisierung von künstlerischen Projekten im elektronischen Raum, insbesondere im Raum der Massenmedien Radio und Fernsehen.

Das Hörstück "Hey Ricci, How are you doing?" - so der Autor - vermittelt einerseits eine gewisse Vorstellung von seiner eigenen Kulturarbeit im dazugehörigen Umfeld, andererseits tückt es den Anrufbeantworter als "faszinierendes Kommunikationsmedium im elektronischen Raum" (Ricci Bock) ins Blickfeld, bzw. ins unmittelbare Hör-Umfeld öffentlicher Aufmerksamkeit.

Ricci Bock selbst scheint in seinem Anrufbeantworter einen unverzichtbaren, verläßlichen und diskreten elektronischen Freund zu erkennen: "Wer also hat Angst vor dieser Wundermaschine", so fragt er, "die einem Leute vom Hals hält, die nur anrufen, um sich nicht zu langweilen, um Dampf abzulassen, um Seelenmüll loszuwerden. Man kann danebensitzen und eingreifen, wenn man beschließt, da zu sein. Man kann sich aber auch ebenso gut immer damit herausreden, daß der Apparat die Botschaft irgendwie gelöscht hat - schön, man hat ja nichts versäumt!"

Ricci Bocks "Hey Ricci, How are you doing?" wurde auch im Rahmen des diesjährigen Medienkunst-Festivals "Pubblifono" (Ende August/Anfang September) in Italien vorgestellt. Sein Hörstück wurde - ebenso wie die anderen Festival-Beiträge von Komponisten Neuer Medien - am Strand von Rimini über Strand-Lautsprecher (Pubblifono) ausgestrahlt.



1994 Calendar 2