KUNSTRADIO


"Nickelsdorf"


Listen


ein Hörstück von Lucas Ceipek


Eine Radioarbeit im Rahmen voneinem vom BMUK, Land Tirol und dem ORF-Landesstudio Tirol unterstütztem Verein zur Forderung und Realisierung von künstlerischen Projekten im elektronischen Raum, insbesondere im Raum der Massenmedien Radio und Fernsehen.

Nickelsdorf ist nicht einfach ein Dorf an der Grenze zu Ungarn. Nickelsdorf ist nicht bloß eine jener wenig einladenden Ortschaften, die kaum jemanden zum längeren Verweilen locken, aber von Durchsreisekolonnen durchzogen werden. Für den Schriftsteller Lucas Cejpek ist Nickelsdorf keine konkrete Lokalität, sondern Metapher für eine Art von Niemandsland, in dem keine Ankömmlinge erwartet und keine Abreisenden verabschiedet werden. Nickelsdorf steht als Synonym für "Transit".

Nickelsdorf ist ... "ein Durchgangsort, also kein Ort", sagt der Autor. Die akustischen Aufzeichnungen (Gespräche von Ortsbewohnern und Durchreisenden sowie Umweltgeräusche) hat Cejpek zur literarischen Komposition "verschriftlicht" . Sie vermitteln Gefühle der Orientierungslosigkeit, Zukunftsängste. Anders als die "echten" Transit-Reisenden, haben die ständig im Transit-Zustand und mit dem Transit Lebenden (die Dorfbewohner) an der Metamorphose, die sich an ihrem Wohnort vollzieht, zu leiden: Entfremdung gegenüber ihrer ursprünglichen Herkunft wird spürbar. Ihr unmittelbarer Lebensbereich verkommt zum Asphaltkorridor, zwischen zwei Staaten, zum Transit-Raum, zum kargen, bereits wie abgestorbenen Niemandsland ...

Das Ende: "Ich mein, die haben auch alles. Aber die arbeiten mit 100 Prozent. Wenn du was brauchst, fährst du auswärts. Wenn die zwei zusperren, ist es aus in Nickelsdorf. Dann stehst du da. Aber wie gesagt, unsere Geschäftsleute, die arbeiten ja mit 100 Prozent. Wenn du einkaufen gehst, zahlst du 100 Prozent." (Zitat aus dem Hörstück "Nickelsdorf").


1993 CALENDAR 2