KUNSTRADIO
RP4
BEISPIELE
ÖSTERREICHISCHER
RADIOKUNST

CD Box by Helmut Mark
17 Hörstücke aus dem digitalen
Hörspielstudio des ORF von Komponist/innen,
Literat/innen und bildenden Künstler/innen.

I. "EXERCISES"
von Gudrun Bielz




Sprache ist mehr als "nur" ein Instrument zur Vermittlung von Botschaften, sie hat nicht nur kommunikative Funktion. In ihrem Tonstück, das im Rahmen der RP4-Serie im Digitalstudio des Wiener Funkhauses produziert wurde, gelingt es Gudrun Bielz, die Schönheit der Akustik menschlicher Sprache gerade durch die Demontage ihres instrumentellen Charakters zum Ausdruck zu bringen.

Sprachen, Stimmen als Elemente akustischer Kunst. Die Stimmen stammen aus Gesprächenfetzen anderer Sprachen fürgen sich hinzu. Gudrun Bielz verleiht ihnen Rhythmus, Inhalte werden als Nebeneffekte hörbar oder sind nicht mehr entschlüsselbar. Entweder weil man der Sprache nicht mächtig ist (Fragmente in japanischer Sprache sind u.a. zu hören) oder weil die Stimmen in Töne und Geräusche transformiert wurden: ihr sprachlicher Gehalt ist nicht mehr identifizierbar.

Der Idee, die Aufmerksamkeit des Zuhörers auf den ästhetischen Aspekt des Phänomens Sprache zu lenken, liegt eine persönliche Erfahrung der Autorin zugrunde: sie hat in London einige Zeit mit einer Japanerin zusammengelebt. Die Melodie der für Gudrun Bielz unverständlichen Sprache gab ihr den Anreiz zum akustischen Experiment: Sprache wirde demontiert, Wörter und Geräusche neu zusammengesetzt, die in ihrer rhythmischen und melodischen Anordnung als eine Art Musik wahrgenommen werden können.

"Stimme und Töne. Eine Japanerin, ein Engländer sprechen. Demontage und neues Zusammensetzen von Wörtern, Geräuschen vielleicht eine Art Musik oder eben eine neue Montage. Sensorische Deprivation ist eine Foltermethode. Ein Raum ohne Geräusche - unvorstellbar.
Radiokunst ermöglicht, Sprache, Geräusche, Töne gezielt einzusetzen, zu montieren und demontieren, zu experimentieren. Der Hörer entscheidet über die Zusatztöne in seinem Raum, die aus dem Radio eben. Auch wenn nichts gesendet wird, wäre es nie sensorische Deprivation. Der Raum, in dem sich der Hörer befindet, ist nicht still."
(Gudrun Bielz). .




1991 Calendar 2