Ein Lautgedicht
und Ausschnitte aus einem Gespräch mit dem kanadischen Radiokünstlers
G.X. Jupiter Larsen
Das Radiostück "Final" basierte auf einem Konzept, das eigentlich als Theaterstück umgesetzt werden sollte. Das ursprüngliche Dialogstück handelte von einer abstrakten Debatte, die sich um einen wiederum abstrakten Begriff der Existenz drehte. Das Stück konnte entweder ähnlich wie ein Lautgedicht interpretiert werden, oder aber man hörte auf die Bedeutungen hinter den Worten und nahm es als literarische Erfahrung auf. Für das Radio ging Jupiter Larsen von einem ähnlichen Ansatz aus. Er ließ verschiedene seiner Freunde und Bekannten von diesen beliebig ausgesuchte Fragmente aus seinem Stück auf Tonband lesen. Diese Aufnahmen waren das Grundmaterial für Jupiter Larsens erstes Tonbandradiostück - das erste also, das nicht in einer Live-Sendung fertiggestellt worden ist, sondern im Studio des Wiener Funkhauses. Jupiter Larsen in einem Gespräch über sein Radiostück: "Beim Anhören dieses Radiostückes kann man also versuchen dem Inhalt dessen, was die Stimmen sagen zu folgen, oder aber man entspannt sich und gibt sich dem Gesamteindruck der Töne und Klänge die von den Stimmen erzeugt werden hin." |
Ausschnitte aus der deutschen Übersetzung eines Gespräches mit Jupiter Larsen: "Wie der Name schon andeutet, ist Radiokunst etwas, das ganz im Hinblick darauf entwickelt wird, daß es gesendet wird. Es entsteht also nicht dazu, um auf Kassette oder CD zu erscheinen, obwohl das später passierne kann. Doch der Ausgangspunkt der Radiokunst ist, gesendet zu werden und das Potential auszunützen das ein Sendemedium hat."
Jupiter Larsen hatte in Vancouver an der kanadischen Westküste im dortigen COOP Radio, einer Radiokooperative also, die Minderheiten aller Art mit ihrer Art von Information, Unterhaltung, Musik und Kunst bedient, eine bis zu 6 Stunden lange, wöchentliche Live-Sendung die den Titel "New Sounds Gallery" trug und als Kunstwerk zeitweise von der kanadischen Kunstförderung subventioniert wurde. Jupiter Larsen sagte darüber:
Zu den Ideen die Jupiter Larsen in Vancouver hatte, zählte z.B. auch diese:
Die stundenlange Sendung von Radio Rauschen bzw. Krachen war keineswegs einfach ein Gag, sondern hat sehr viel mit Jupiter Larsens philosophischen und ästhetischen Ideen zu tun. Ein zentraler Begriff aller seiner Überlegungen lautet Entropie. Ein anderer Reinformation.
Neben seinen eigenen Radiosendungen erarbeitete Jupiter Larsen auch immer wieder Stücke für Kunstfestivals wie z.B. für das internationale Kunst- und Telekommunikationsfestival 1989 in Holland, wo er eine Live-Sendung machte: "Wenn ich eine Radiosendung mache", sagte Jupiter Larsen, "habe ich ganz andere Gedanken im Kopf, als wenn ich eine Schallplatte mache. Es handelt sich um unterschiedliche Ansatzpunkte. Wenn ich eine Komposition für eine Schallplatte oder CD mache, dann gibt es dieses Gefühl der Aufführung und der Performance nicht. Dieses Gefühl, daß das, was man macht nur ein einziges Mal gehört wird. Die meisten Leute die eine Sendung machen, bereiten diese als Studioaufnahme vor. Ich hingegen lasse bei einer Radiosendung ganz einfach die Radiowellen durch den Kosmos fließen. Eine Radiosendung hat für mich mehr mit einer Performance zu tun, als mit einer Lärmkomposition oder mit Musik. Es ist eine Performance die nicht an einem bestimmten Schauplatz stattfindet, sondern im Radioraum, in der Atmosphäre. Sie kommt über Radio zu dir in dein Schlafzimmer in deine Küche, dein Wohnzimmer. Es handelt sich also nicht um eine Performance, die man besucht, sondern um eine, die zu einem kommt. Ein anderer Aspekt der Radiokunst ist, daß man, da man nur den Ton hört, Bilder in seinem Kopf entstehen läßt, die zu dem Sound passen. Selbst wenn man nur jemanden beim Reden zuhört, stellt man sich doch vor, wie derjenige der spricht aussieht. Bei Arbeiten für Schallplatten oder Tonband ist unser Geist nicht so sehr mit den visuellen Aspekten beschäftigt. Über die kann man immer noch später nachdenken, weil man sich das Stück ja später noch einmal anhören kann. Ich glaube also daß Radiokunst mehr mit Performance zu tun hat als mit Musik." G.X. Jupiter Larsen machte allerdings auch Schallplatten. Eine davon wurde abgespielt, indem man Wasser darüber schüttete. Eine andere konzeptuelle Schallplatte von Jupiter Larsen erklang, indem man sie mit beigelegten Sand einrieb.
Jupiter Larsen war auch Mitglied der Gruppe "The Haters". Die Mitglieder dieser Gruppe fluktuierten und konnten in jeder Stadt der Welt andere sein. Ein Mitglied war natürlich immer G.X. Jupiter Larsen, der sich ganz egal ob er eine Schallplatte, eine Radiosendung oder eine Performance machte, nicht als Musiker betrachtete:
Jupiter Larsen schrieb u.a. auch Theaterstücke, Essays und Gedichte die häufig um das Thema der Entropie und der multidimensionalen Qualität von Verfall, Altern, Verfaulen, Schmutz und Erde kreisen:
"Poetry" war der Titel einer Diskette mit Mac-Gedichten von Jupiter Larsen. In einem Brief schrieb Jupiter Larsen dazu:
Der Leser der Mac-Gedichte G.X. Jupiter Larsens war zu Aktivität und zu Kreativität zumindest im Umgang mit dem Angebot des Dichters aufgefordert. |