KUNSTRADIO


ARS ELECTRONICA 89
RADIOKUNSTNACHT LIVE


Friederike PEZOLD: Die schwarz-weisse Göttin - The Black and White Goddess - La Deesse Noire et Blanche. 1974.
Ein Gespräch mit Friederike Petzold
http://de.wikipedia.org/wiki/Friederike_Pezold

"Alles was mich hier interessiert ist, daß wir dieser Kunst, der elektronischen Kunst - der Kunst des 21. Jahrhunderts - mehr zum Leben verhelfen... Aber man versucht auch dieser Kunst durch finanzielle und andere Schwierigkeiten das Leben abzuwürgen, sodaß sie aus dem letzten Loch pfeift. Elektronische Künstler pfeifen nicht geistig aber finanziell aus dem letzten Loch, weil diese Kunst nur zeitweise subventioniert und auch sonst zuwenig unterstützt wird." Friderike Petzold nannte dies eine Sendung von Radio Freies Utopia, unter dem Titel "Der Pfiff am letzten Loch", eine Sendung für "alle Urvicher, die am Mittelmaß eingingen".

Mit Radio Freies Utopia gründete Friederike Petzold am 4. April 1977 in München den ersten wirklich privaten Fern- bzw. Nahsender. Privat meint hier allerdings nicht privat konsumieren, was von anderen gemacht wurde, sondern meint vielmehr privat produzieren, d.h. selber ein Programm zu machen wann, wo, wie oft und wie lange man will. Radio Freies Utopia war nicht Fernsehen, da es ohne Radiowellen, ohne Kabel und ohne Satelliten sendete. Zum Senden kam Radio Freies Utopia persönlich zum Zuschauer und umgekehrt kam der Zuschauer zum Empfangen persönlich zu Radio Freies Utopia. Dennoch betonte Friederike Petzold, daß Radio Utopia ein Sender im technischen Sinn war, da alles was zum Senden gebraucht wurde, vorhanden war, wenn auch vielleicht nicht in der herkömmlichen Art und Weise. Körper und Hirn sollten nach Friderike Petzold das sein, "worüber man in einer freien Gesellschaft selbst bestimmen kann." Mit einem Aufnahmegerät am Körper von Friederike Petzold wurde Radio Freies Utopia nicht zum Fernsehen, sondern zum Nahsehen.

Die Gründe bzw. die Notwendigkeit für ein eigenes Radio sah Friederike Petzold v.a. in der eingeschränkten und zensurierten Freiheit gewöhnlicher öffentlich-rechtlicher aber auch kommerzieller privater Rundfunkanstalten. Die Zunahme der Sender war nach Friederike Petzold begleitet von einer Zunahme von Kommerz und Werbung, wohingegen der Kunst weniger Sendezeit eingeräumt wurde als früher. Aber auch finanzielle Schwierigkeiten - die fehlende Subventionierung und Unterstützung der elektronischen Kunst - erschwerten es auf lange Zeit das höchste Niveau an Originalität zu halten und kontinuierlich Spitzenprogramme zu machen.

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1989 CALENDAR 2