KUNSTRADIO


"Jenseits von Netzhaut und Trommelfell"


Ausschnitte aus Interviews


Audio-Art-Symposiums-Organisator Matthias Osterwold meinte zum Begriff Audio-Art:
"Audio-Art ist im Prinzip der ungeeigneste Begriff, wenn man damit die Verschmelzung verschiedener künstlerischer Ebenen und Gattungen ausdrücken will. Audio-Art bedeutet für mich nur, daß ein wesentlicher oder konstitutiver Bestandteil Musikalisches, Klangliches ist. Durch die Verbindung musikalisch, akustsischer mit anderen künstlerischen Medien wird etwas ausgedrückt, was auch, ohne sich besonders musikalischer Mittel zu bedienen, erreicht werden kann, nämlich künstlerische Medien zu verschmelzen. Was ich zunächst einmal als deskriptiven Begriff Audio-Art nennen möchte, geht zurück auf wesentliche Anstöße, die sowohl im Bereich der Bildenden Kunst als auch im Bereich der Musik wie auch im Bereich des Filmes gegeben worden sind. Im Bereich der Musik sei auf die Gesamtkunstwerke, insbesonder Satie und später Cage, der eine Schlüsselrolle in der balancierten Annäherung von Bildender Kunst und Musik innehatte, verwiesen. In dem Kontinuum von Stille bis zum hochorganisierten, technologisch-synthetisch erzeugten Ton, kann alles musikalisches Material sein. So kann im Bereich des Filmes Visuelles oder im Bereich der Choreographie Körperbewegungen musikalisches Material sein."
Nicolas Collins meinte: "Ich verwende gerne gefundene Töne, klangliche Readymades". Für Peter Cusack, der zusammen mit Collins in Linz auftrat, war wichtig, daß die Leute auf das hören, was bereits an Klängen in ihrer Umwelt da ist, und zwar auf eine positive, eine behutsame Art. "Manchmal", meinte Cusack, "brauchen die Alltagstöne keine Veränderung und in diesem Falle sollte man sie auch so lassen, wie sie sind."
Der Kanadier Gordon Monahan meinte zum Begriff Audio-Art: "Man hört den Begriff in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen. Audio-Art kann Live-Performance sein, Installation, Skulptur. Sie kann nur auf Kasette existiern und um die Welt geschickt werden. Audio-Art bezeichnet alles, was mit Sound zu tun hat und von den Definitionen traditioneller Musik nicht erfaßt wird, und sich z.B. auch nicht ohne weiteres bei dem ähnlich flexiblen Begriff Performance-Art einordnen läßt."
Rolf Langebartels, der aus seinem Vortrag zum Thema 'Audio-Art - Raumspace' eine Performance machte, zur Tradition der Audio-Art: "Audio-Art hat ihre Tradition eher in der experimentellen Kunst, die sehr stark beeinflußt ist von Cage und von Fluxus. In diesem Bereich gab es eigentlich auch keine strikte Trennung von Musik und Bildender Kunst. Darüberhinaus ist natürlich Russolo ebenso ein Vorvater der Audio-Art wie Edgar Varese, der seine Leben lang von der elektronischen Realisierung von Klängen und Klangräumen, die er mit elektronischen Instrumenten füllen wollte, geträumt hat. Ein Traum der schlußendlich in das "Poem Electronique" gemündet hat."



1988 CALENDAR 2